Bei der Herstellung von Antibiotika kommt es offenbar zu teilweise sehr hohen Konzentrationen der Wirkstoffe im Wasser im Umfeld der Produktionsstätten. Die AOK Baden-Württemberg, das Umweltbundesamt und das Rheinisch-Westfälische Institut für Wasserforschung (IWW) haben seit September 2021 das Abwasser an zehn Fabriken für Antibiotikawirkstoffe in Indien und Europa untersucht, über die Ergebnisse berichtet der “Spiegel”.
An drei Fabriken maßen die Forscher demnach teilweise massive Grenzwertüberschreitungen, an einer vierten fanden sie erhöhte Werte in einem Gewässer unweit des Werks. Die höchste Überschreitung stellten sie beim Wirkstoff Ciprofloxacin fest. Der gemessene Wert im Abwasser war 110-fach so hoch wie der Schwellenwert, den die AOK vertraglich mit den Herstellern festgelegt hat. Noch höhere Werte stellte das Team in einem indischen Gewässer fest.
Es fließt durch ein Gebiet mit Viehweiden. Die gemessene Konzentration für den Wirkstoff Azithromycin, der etwa zur Behandlung von sexuell übertragbaren Krankheiten eingesetzt wird, überstieg den Grenzwert um das 16.000-fache. Auch in Europa gab es Überschreitungen. Von insgesamt neun europäischen Gewässern, in denen vom IWW Proben entnommen wurden, fanden sich die meisten verschiedenen Antibiotika in einem europäischen Bach, der durch einige Siedlungen führt.
Menschen nutzen ihn zur Naherholung, manche fischen sogar darin. Es wurden Standorte untersucht, an denen Antibiotikawirkstoffe auf Basis der Arzneimittelrabattverträge hergestellt werden. Durch die Verunreinigung des Wassers kann es vermehrt zu Resistenzbildungen kommen. Antibiotika verlieren dadurch an Wirkung.
Die AOK Baden-Württemberg fordert als Folge der Pilotstudie verbindliche Umweltkriterien für Fabriken, die auch kontrolliert werden müssten, um Antibiotikaresistenzen zu reduzieren. Bereits bei der Zulassung ausgewählter Medikamente müsse man darauf achten. Das EU-Arzneimittelrecht solle daher zukünftig Umweltkriterien für die Produktion enthalten. Kontrollinstitute sollten unangemeldete Messungen durchführen dürfen.
dts Nachrichtenagentur