Die von der Ampel-Koalition beschlossene Wahlrechtsreform ist nach Ansicht einiger Experten verfassungswidrig. Der Politikwissenschaftler Jürgen Falter von der Universität Mainz sagte der “Bild” (Samstagausgabe) mit Blick auf die CSU: “Es darf nicht sein, dass eine Partei, die 45 Wahlkreise gewinnt, nicht in den Bundestag einzieht.”
Aufgrund der weggefallenen Grundmandatsklausel sei die “CSU in Gefahr, einen Teil ihrer bayerische Eigenständigkeit zu verlieren und gezwungen zu sein, näher an die CDU zu rücken.” Der Politologe rechnet zudem mit negativen Auswirkungen auf die FDP. “Stimmensplitting wird es weiter geben, damit gewinnt man aber keine zusätzlichen Sitze. Viele Unionswähler könnten eine mögliche FDP-Zweitstimme überdenken”, so Falter. Der Verfassungsrechtler Volker Boehme-Neßler von der Universität Oldenburg kritisierte ebenfalls den Wegfall der Grundmandatsklausel: “Die Streichung der Grundmandatsklausel ist ein Riesen-Problem für die Demokratie – und verfassungspolitisch dumm.” Die Ampel-Lösung verbanne kleinere Parteien aus dem Bundestag. “Die sind aber gerade wichtig, um die Entscheidungen der großen, mächtigen Parteien zu hinterfragen und Gedanken, neben dem politischen Mainstream, ins Parlament zu bringen”, sagte der Verfassungsrechtler. “Viele Kandidaten, die ihren Wahlkreis gewonnen haben, sind so künftig nicht mehr im Bundestag vertreten.”
Für die Wähler sei das nicht zu verstehen, “viele könnten sich frustriert abwenden”, so Boehme-Neßler. “Der Bundestag muss sich verkleinern – aber nicht so.” Den angekündigten Verfassungsklagen von CSU und Linken räumt der Staatsrechtler Erfolgschancen ein.
dts Nachrichtenagentur