Linksfraktionschef Dietmar Bartsch lehnt personelle Konsequenzen wegen der umstrittenen Rede von Sahra Wagenknecht im Bundestag ab. Er werde Forderungen nach seinem Rücktritt “sicher nicht” nachkommen, sagte er dem “Stern”.
Der Vorschlag, dass Wagenknecht vergangene Woche in der Debatte zum Haushalt von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sprechen solle, “kam nicht von der Fraktionsführung, sondern von den Haushältern”, so Bartsch. “Es gab eine Debatte in der Fraktion. Da hätte jedes Mitglied der Fraktion den Antrag stellen können: Sahra Wagenknecht soll nicht reden. Hat aber niemand.”
Dies sei auch in anderen Fraktionen die übliche Art, die Redner zu bestimmen. “Glauben Sie, dass Friedrich Merz in der Unionsfraktion entscheidet, wer in welcher Debatte zu jedem Einzelplan redet? Das legen Fachpolitiker fest, er nimmt das zur Kenntnis, und so machen wir das auch.” Bartsch sagte mit Blick auf die Rede, er habe Wagenknechts anfängliche Beschreibung der schwierigen wirtschaftlichen und sozialen Lage “durchaus zutreffend” gefunden. “Im weiteren Verlauf gab es Stellen, die ich so nicht gesagt hätte, die ich kritisiere. Es ist aber nicht Aufgabe des Fraktionsvorsitzenden, öffentlich Reden zu benoten.”
Dass er nach der Rede Wagenknechts geklatscht habe, sei “ein Gebot der Höflichkeit” gewesen, “keine Bewertung”. Während der Rede habe er “das Klatschen auch vermieden”. Man könne über die Sanktionen gegen Russland diskutieren, so Bartsch: “Ich möchte aber nicht, dass mit dieser Debatte am eigentlichen Problem vorbeigeredet wird: Das ist Putins Krieg gegen die Ukraine. Sahra Wagenknecht hat den Krieg in ihrer Rede zwar verurteilt, aber das hätte sie deutlicher machen müssen.”
Wagenknecht hatte am vergangenen Donnerstag in der Debatte zum Etat von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mit Blick auf die Sanktionen gegen Russland unter anderem gesagt, Deutschland habe “die dümmste Regierung in Europa”. Das größte Problem sei die “grandiose Idee, einen beispiellosen Wirtschaftskrieg gegen unseren wichtigsten Energielieferanten vom Zaun zu brechen.” Die Rede sorgte für heftigen Widerspruch, auch in den Reihen der Linken.
Prominente Mitglieder, wie der Präsident des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Ulrich Schneider, erklärten ihren Parteiaustritt. Die Parteiaustritte auch prominenter Mitglieder bedauere er, sagte der Fraktionschef. “Das ist immer ein Verlust. Unser Auftrag ist aber, die Rolle der sozialen Opposition gegenüber der Ampel-Regierung wahrzunehmen. Dieser Aufgabe müssen wir uns schnell wieder stellen.”
Die Gefahr, dass Abgeordnete die Fraktion verlassen könnten, sieht Bartsch nicht. “Ich sage Ihnen voraus: Die Fraktion wird zusammenbleiben.” Sollten drei Abgeordnete die Fraktion verlassen, ginge der Status als Fraktion verloren.
Bartsch sieht darin aber kein Erpressungspotenzial für einzelne Abgeordnete: “Die Fraktion wird sich von niemandem erpressen lassen und ich erst recht nicht.”
dts Nachrichtenagentur