Nach Fällen von Affenpocken in mehreren europäischen und nordamerikanischen Ländern ist auch in Deutschland erstmals eine Infektion nachgewiesen worden. Wie das Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr am Freitag in München mitteilte, wurde das Virus am Donnerstag bei einem Patienten zweifelsfrei bestätigt. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geht davon aus, dass das Virus nicht so leicht übertragbar ist und der Ausbruch eingegrenzt werden kann.
Der Patient wird seit Freitag in einer Klinik in München-Schwabing versorgt, wie das städtische Klinikum mitteilte. Er seit dort vom übrigen Klinikbetrieb isoliert. Nach Angaben des bayerischen Gesundheitsministeriums handelt es sich um einen 26-jährigen Brasilianer, der von Portugal über Spanien nach Deutschland einreiste und sich seit etwa einer Woche in München aufhält. Zuvor war er in Düsseldorf und Frankfurt am Main. Derzeit werden durch das Münchner Gesundheitsreferat weitere enge Kontaktpersonen ermittelt.
Als der Mann erste Symptome bemerkte, ließ er sich den Angaben zufolge umgehend medizinisch untersuchen. Ein danach bei der Bundeswehr vorgenommener spezieller PCR-Test bestätigte die Infektion schließlich.
Der Patient hat der Klinik zufolge mit leichten Schluckstörungen und erhöhter Temperatur geringfügige Symptome, er zeigt zudem die typischen Pusteln. Aktuell benötigt er keine spezielle Medikation. Die Münchner Klinik beschafft aber vorsorglich ein Spezialpräparat, das seit Anfang 2022 in der EU für die Behandlung von Affenpocken zugelassen ist.
Auch in Frankreich wurde ein erster Fall von Affenpocken bestätigt. Ein 29 Jahre alter Mann aus dem Großraum Paris befinde sich derzeit in häuslicher Isolation, teilte die französische Gesundheitsbehörde am Freitag mit. Er sei zuvor nicht in ein Land gereist, in dem das Virus nachgewiesen worden sei.
In Belgien erklärte der Mikrobiologe Emmanuel Andre, dass das Labor der Universität Leuven einen zweiten von zwei Fällen in dem Land bestätigt habe, und zwar bei einem Mann aus der flämischen Region Brabant. Auch in Kanada gibt es mittlerweile zwei bestätigte Fälle, wie die kanadische Gesundheitsbehörde am Donnerstagabend mitteilte.
Seit Anfang Mai wurden in mehreren europäischen und nordamerikanischen Ländern dutzende Verdachtsfälle und nachgewiesene Infektionen mit Affenpocken gemeldet. Nach ersten Fällen in Großbritannien gab es auch Meldungen aus Spanien, Portugal, Italien und Schweden sowie den USA.
Das Robert-Koch-Institut rief daher zu Wachsamkeit auf. Besonders Reiserückkehrer aus Westafrika sowie Männer, die Sex mit Männern haben, sollen demnach bei ungewöhnlichen Hautveränderungen unverzüglich einen Arzt aufsuchen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation infizierten sich bisher vor allem schwule oder bisexuelle Männer.
“Es war nur eine Frage der Zeit, bis Affenpocken auch in Deutschland nachgewiesen werden”, erklärte Lauterbach am Freitag in Berlin. Ärzte und Patienten seien durch die bisherigen Fälle sensibilisiert. “Aufgrund der bisher vorliegenden Erkenntnisse gehen wir davon aus, dass das Virus nicht so leicht übertragbar ist und dass dieser Ausbruch eingegrenzt werden kann”, betonte der Minister. “Das kann aber nur gelingen, wenn schnell gehandelt wird.”
Ob es sich um den west- oder zentralafrikanischen Virusstamm handelt, soll eine die Sequenzierung bis voraussichtlich Mitte kommender Woche ergeben. Die westafrikanische Subvariante wird von Spezialisten als weniger gefährlich eingestuft.
Zu den Symptomen der Affenpocken beim Menschen gehören Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen, geschwollene Lymphknoten und Schüttelfrost sowie ein Ausschlag, der oft im Gesicht beginnt und dann auf andere Körperteile übergreift. Die meisten Menschen erholen sich innerhalb mehrerer Wochen von der Krankheit, ein tödlicher Verlauf ist selten.
Üblicherweise wird die vor allem in Zentral- und Westafrika verbreitete Krankheit durch engen Kontakt mit infizierten Nagetieren übertragen. Affen und Menschen sind lediglich Zufallswirte. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist selten und nur bei engem Kontakt möglich, etwa durch Körperflüssigkeiten, kontaminierte Gegenstände oder den Schorf der Infizierten.
Nach Angaben des Bundeswehr-Instituts in München zeigte sich in der Vergangenheit, dass eine Impfung gegen Pocken auch vor einer Infektion mit Affenpocken schützt. Allerdings hat der Großteil der Bevölkerung mittlerweile heute keinen belastbaren Schutz mehr durch frühere Pockenschutzimpfungen.
Quelle: AFP