Haushalte dürfen auch im Fall eines russischen Gaslieferstopps darauf vertrauen, weiter mit Gas versorgt werden. Das sagte der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, der FAZ (Mittwochsausgabe).
Bei Großverbrauchern aus der Industrie würden unterdessen bei einer Gasnotlage sechs Kriterien über eine Abschaltung entscheiden. “Wir müssen uns klar werden, dass die Gasmangellage eine echte Krise ist. Das Leben ist dann nicht mehr fröhlich und locker, und deshalb bin ich sicher, dass solche Eingriffe auf Verständnis stoßen würden.” Müller stellte klar, dass weite Teile Deutschlands keine Rationierung zu befürchten hätten. Zu den geschützten Kunden gehörten neben Feuerwehr, Krankenhäusern, der Polizei, Schulen, Kitas, Gefängnissen oder der Bundeswehr auch alle Privathaushalte mit einem Gasverbrauch von bis zu 10.000 Kilowattstunden Gas im Jahr: “Das deckt auch berufliche oder gewerbliche Zwecke im privaten Haushalt ab, also zum Beispiel Selbstständige.” Ebenfalls geschützt seien alle Gewerbebetriebe bis zu 1,5 Millionen Kilowattstunden im Jahr, darunter Bäckereien oder Supermärkte. Hingegen müssten sich Freizeiteinrichtungen als erstes auf Abschaltungen einstellen, zum Beispiel Schwimm- und Spaßbäder. “Wenn es zur Notlage kommt, ist es einleuchtend, zunächst im Freizeitbereich einzugreifen, bevor wir Industriebetriebe reduzieren oder abschalten, an denen ja viele Arbeitsplätze und auch wichtige Produkte hängen”, so der Behördenchef.
Im Fall von Großverbrauchern aus der Industrie richteten sich die Abwägungen demnach “nach sechs Kriterien, mit denen wir uns den Abschaltungen nähern”. Dazu gehörten die Dringlichkeit der Maßnahme und die Größe des Unternehmens. Auf die genannte Gruppe mit mehr als 10 Megawattstunden pro Stunde entfalle ein Großteil des gesamten industriellen Gasverbrauchs in Deutschland. “Das sind etwa 2.500 Betriebe”, sagte Müller.
Ein weiterer Aspekt seien die Vorlaufzeiten, einige Firmen brauchten mehr Zeit, um geordnet herunterzufahren. Außerdem gehe es um die volks- und betriebswirtschaftlichen Schäden: “In der Keramikindustrie etwa erstarren die Produktionsanlagen und gehen kaputt, wenn das Gas fehlt. Wir berücksichtigen auch die Kosten und die Dauer für die Wiederinbetriebnahme.” Ein wichtiges Kriterium sei schließlich die Bedeutung der Versorgung für die Allgemeinheit.
Das spielt zum Beispiel bei Lebensmitteln oder Medikamenten eine Rolle. Es sei leider nicht möglich, diese Kriterien in eine eindeutige Reihenfolge zu bringen. “Es gilt bei geringstmöglichem Schaden die in der konkreten Situation schnellstmögliche Lösung zu finden. Einfach wird das nicht.”
dts Nachrichtenagentur