Der Generalsekretär der Welthungerhilfe, Mathias Mogge, bezeichnet die Lage in der Ukraine als “hochdramatisch” und vergleicht die Situation der Menschen vor Ort mit der im Bürgerkriegsland Syrien. “Auch Syrien war vor Ausbruch des Krieges ein Land mit mittlerem Einkommen und gehörte deshalb aus guten Gründen nicht ins Portfolio der Welthungerhilfe”, sagte Mogge dem “Redaktionsnetzwerk Deutschland”.
Heute aber zähle Syrien zu den Ländern, in denen seine Organisation in großem Umfang helfe. “Die Ukraine konnte sich bis zum Ausbruch des Krieges sehr gut selbst ernähren”, konstatierte der Welthungerhilfe-Generalsekretär. Sie sei sogar ein wichtiger Exporteur von Grundnahrungsmitteln wie Getreide und Speiseöl gewesen. “Aber der Krieg ändert jetzt alles”, sagte Mogge.
Nach seiner Einschätzung besteht die Gefahr, dass der Krieg in der Ukraine weltweit zu Hungersnöten führt. “Länder wie Ägypten, Kenia, der Südsudan, der Libanon und viele andere Staaten waren bislang direkt oder indirekt stark von russischen und ukrainischen Exporten abhängig”, erklärte Mogge. “Diese Länder erhalten jetzt nicht die bestellten Mengen oder müssen dafür sehr viel mehr bezahlen.” Zudem seien die Lebensmittelpreise bereits vor dem Krieg durch Klimawandel, Konflikte, Corona-Pandemie und Spekulationen auf den Weltmärkten auf ein Allzeithoch gestiegen.
“Die durch den Krieg gestiegenen Energiepreise werden jetzt dazu führen, dass unter anderem die Bewässerung in der Landwirtschaft noch teurer wird. Das wird zu einem weiteren Anstieg der Lebensmittelpreise führen”, prognostizierte der Agraringenieur. Darunter würden wiederum besonders arme Menschen leiden, die einen hohen Anteil ihres verfügbaren Einkommens für Lebensmittel ausgeben müssen. Aber auch für Hilfsorganisationen wie die Welthungerhilfe seien die gestiegen Preise ein riesiges Problem.
“Als das Welternährungsprogramm der UN (WFP) 2015 in den Flüchtlingslagern für syrische Flüchtlinge Rationen streichen musste, war dies einer der Auslöser für die großen Flüchtlingsbewegungen nach Europa. Das sollten wir nicht vergessen.”
dts Nachrichtenagentur