Grünen-Chefin Ricarda Lang hat für eine parteiübergreifende Aufarbeitung der zurückliegenden deutschen Russland-Politik plädiert. Allein in Mecklenburg-Vorpommern gebe es “im Zusammenhang mit der dubiosen Klima- und Umweltstiftung vieles aufzuklären”, sagte sie der “Welt” (Donnerstagausgabe).
Der kritische Rückblick betreffe jedoch mehr als eine Partei. Die Union habe in den vergangenen 16 Jahren an der Regierung die Abhängigkeit von Russland zementiert. Auch die Grünen müssten sich fragen, “ob wir die Warnungen unserer mittel- und osteuropäischen Partner immer ernst genug genommen haben. Polen, die baltischen Staaten, die Ukraine sowieso, haben vor russischem Revanchismus gewarnt”, sagte Lang.
Der deutsche Blick gen Osten sei “leider zu oft von Naivität und Wegschauen geprägt” gewesen. “Da wurde vermeintliche Stabilität mit tatsächlicher Sicherheit verwechselt.” Sie selbst sei in einer Zeit aufgewachsen, in der sich Frieden in Europa wie eine Gewissheit angefühlt habe. “Diese Gewissheit ist verloren gegangen.”
Wenn man das Amt einer Bundesvorsitzenden annehme, sei das immer ein Sprung ins kalte Wasser. “In dieser Lage war das Wasser noch ein bisschen kälter.” Den Kurs ihrer Partei in der Ukraine-Krise verteidigte sie gegen Kritik. “Wir machen uns diese Entscheidungen nicht leicht, natürlich hadere auch ich damit, es gibt kein Schwarz und Weiß”, sagte Lang der Zeitung.
“Aber wir treffen sie, gerade weil wir zu unseren grünen Prinzipien stehen.” In der Partei erlebe sie “einen breiten Rückhalt” für den Kurs der Führung in Berlin. “Eine Friedenspartei muss die internationale Friedensordnung verteidigen, wenn sie angegriffen wird. Eine Menschenrechtspartei muss an der Seite derer stehen, die Opfer eines imperialistischen Angriffskrieges werden”, sagte die Grünen-Chefin.
“Die Grünen haben sich in den letzten 20 Jahren verändert. Wir sind nicht stiller, aber geschlossener”. Natürlich gebe es interne Diskussionen. “Aber die Richtung ist klar.”
dts Nachrichtenagentur