Ein Gericht in Istanbul hat den türkischen Unternehmer und Kulturförderer Osman zu lebenslanger Haft verurteilt. Die drei Richter erließen am Montag das Urteil gegen den 64-Jährigen wegen des Vorwurfs des versuchten Umsturzes der Regierung, wie eine Reporterin der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Die Möglichkeit einer Bewährung schlossen die Richter aus. Amnesty International kritisierte die Verurteilung als “reinste Willkür”. Kavalas Anwälte kündigten an, in Berufung zu gehen.
Sieben weitere Angeklagte wurden zu 18 Jahren Haft verurteilt. Ihnen wurde vorgeworfen, den Verleger bei den angeblichen Umsturzplänen unterstützt zu haben.
Zuschauer in dem Gerichtssaal reagierten mit Buh-Rufen auf den Schuldspruch gegen Kavala. Beobachtet wurde der Prozess auch von mehreren westlichen Diplomaten, die in den vergangenen Monaten immer wieder auf die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien und der Menschenrechte in der Türkei gepocht hatten.
Menschenrechtsorganisationen prangerten Kavalas Verurteilung als willkürlich an. Das Vorgehen gegen den Kulturmäzen offenbare, “dass rechtsstaatliche Prinzipien in der Türkei nicht zählen”, kritisierte die Türkei-Expertin von Amnesty International in Deutschland, Amke Dietert. Die Vorwürfe gegen den Unternehmer seien “konstruiert und die Anklagen gegen ihn politisch motiviert”. Er müsse deshalb “sofort freigelassen” werden. Emma Sinclair-Webb von Human Rights Watch sprach vom “schlimmstmöglichen Ergebnis dieses Schauprozesses”.
Der per Video zur Urteilsverkündung zugeschaltete Kavala bezeichnete den jahrelangen Prozess gegen sich als “justizielles Attentat” gegen seine Person. Bei den von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwürfen handele es sich um “politisch und ideologisch begründete Verschwörungstheorien”, sagte er kurz vor Bekanntgabe des Urteils.
Kavala ist bereits seit vier Jahren im Hochsicherheitsgefängnis Silivri nahe Istanbul inhaftiert, ohne dass bislang ein Urteil gegen ihn ergangen war. Der Geschäftsmann war 2017 ursprünglich wegen des Vorwurfs festgenommen worden, die gegen die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan gerichteten Gezi-Proteste in Istanbul im Jahr 2013 finanziert und organisiert zu haben.
Im Februar 2020 sprach ein Gericht ihn von diesem Vorwurf frei. Kavala wurde damals aus der Haft entlassen, jedoch wenige Stunden später erneut festgenommen – diesmal im Zusammenhang mit dem Putschversuch gegen Erdogan im Jahr 2016 und wegen Spionagevorwürfen. Kavala weist die Anschuldigungen zurück.
Kavala machte sich unter anderem als Förderer von Kulturprojekten einen Namen und setzte sich für die türkisch-armenische Aussöhnung ein. Er gehörte zudem zu den Gründern des türkischen Zweigs der Open Society Foundation des US-Philanthropen George Soros, dem Feindbild vieler Populisten. Die Stiftung fördert demokratische Bewegungen in zahlreichen osteuropäischen Ländern.
Erdogan bezeichnete Kavala wiederholt als Agenten von Soros. 2020 sagte der türkische Präsident: “Wir können niemals mit Leuten wie Kavala zusammen sein.”
Quelle: AFP