Sachsens Innenminister Wöller nach anhaltender Kritik an Amtsführung entlassen

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Nach anhaltender öffentlicher Kritik an seiner Amtsführung ist der sächsische Innenminister Roland Wöller (CDU) am Freitag entlassen worden. Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) begründete den Schritt in Dresden mit der Notwendigkeit eines “personellen Neuanfangs” in einem zentralen Ressort, dessen Führung auf “breites Vertrauen” angewiesen sei. Als Nachfolger präsentierte Kretschmer den Chef des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BKK) und langjährigen CDU-Bundestagsabgeordneten Armin Schuster.

Wöller stand seit längerem wegen strittiger Personalentscheidungen unter Druck, es gab außerdem auch Kritik wegen verschiedener Vorfälle innerhalb der Polizei. Jüngst gab es etwa eine Razzia wegen des Verdachts auf ein verbotenes Aufnahmeritual beim Mobilen Einsatzkommando (MEK) in Leipzig. Der Fall wurde im Zusammenhang mit der sogenannten Munitionsaffäre des MEK Dresden aufgedeckt. Dort waren 2018 tausende Schuss Munition verschwunden.

Laut Medienberichten ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft in Dresden derzeit außerdem gegen Beamte des Dresdner MEK wegen des Verdachts, einen Skiurlaub als Dienstreise deklariert zu haben. Scharfe Kritik an Wöllers Personalentscheidungen entzündete sich zuletzt zudem vor allem an der Besetzung des Chefpostens an der sächsischen Polizeihochschule. Es steht laut Medien der Verdacht im Raum, der Minister habe eine Bekannte seiner Frau vorgesehen.

Die Polizeigewerkschaften forderten vor diesem Hintergrund zuletzt öffentlich Wöllers Rücktritt. Der Minister war seit Dezember 2017 im Amt, zuvor war er zwischen 2008 und 2012 bereits sächsischer Minister für Kultur und Sport. In dem ostdeutschen Bundesland regiert seit 2019 eine Dreierkoalition aus CDU, Grünen und SPD.

Kretschmer verwies zur Begründung seiner Entscheidung am Freitag vor Journalisten auf “die Diskussion der vergangenen Wochen und Monate”. Er sei zu der Einschätzung gelangt, dass das Innenressort eine Führung brauche, die “mehr und breiteres Vertrauen” genieße. Dabei gehe es nicht allein um Polizei und Verfassungsschutz. Das Innenministerium sei zugleich auch für kommunale Angelegenheiten und Sport zuständig, fügte der sächsische Ministerpräsident an.

“Wir leben in einer Zeit der Unsicherheiten – es braucht gerade in dieser Zeit eine starke Landespolitik, eine Staatsregierung, die Vertrauen genießt in allen Bereichen”, sagte Kretschmer. Zugleich dankte er Wöller. Der Minister sei über viele Jahre hinweg ein “geschätzter Wegbegleiter” gewesen und habe wichtige Akzente der Innenpolitik gesetzt. Die Entlassung sei ihm nicht leichtgefallen.

Schuster soll demnach bereits am Montag seine Ernennungsurkunde in Dresden erhalten. Der 60-jährige CDU-Politiker leitet das in Bonn angesiedelte BKK seit November 2020. Schuster arbeitete fast 30 Jahre lang bei der Bundespolizei und galt lange als ein führender Innenexperte der CDU im Bundestag. Dort war er von 2009 bis zur Übernahme des Leitungspostens beim BKK als Abgeordneter tätig.

Schuster war in dieser Zeit Obmann des Untersuchungsausschusses zur rechtsextremen Terrorzelle Nationalsozialistischer Untergrund und leitete seit 2018 das Parlamentarische Kontrollgremium, der die Arbeit der deutschen Geheimdienste kontrolliert. Wer Schuster an der Spitze des BKK nachfolgen könnte, blieb am Freitag zunächst noch offen. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums wollte sich dazu vor Journalisten zunächst nicht weiter äußern.

Die Landtagsfraktionen von SPD und Grünen nannten die Entlassung Wöllers eine “folgerichtige Entscheidung” und einen “notwendigen Schritt”. Das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und der Polizei sei zu stark belastet gewesen, teilte SPD-Innenexperte Albrecht Pallas mit. Schuster müsse Wöllers Personalentscheidungen prüfen und alle Vorfälle bei den Spezialeinheiten “lückenlos aufklären”.

Die Linksfraktion sprach von einer überfälligen “Befreiung” und forderte einen “grundlegenden Wandel” unter Wöllers Nachfolger Schuster. Auch die AfD im Landtag begrüßte Wöllers Entlassung.

Quelle: AFP

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