Die Ampel-Fraktionen wollen die Frist für die Entschädigung schwuler Männer verlängern, die in der Nachkriegszeit aufgrund des damaligen Strafrechtsparagrafen verurteilt worden sind. Vertreter von SPD, Grünen und FDP setzen sich dafür ein, entsprechende Ansprüche über den 22. Juli hinaus aufrechtzuerhalten, wie die Zeitung “Welt” am Dienstag berichtete.
Der queerpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Falko Droßmann, sagte, er wolle Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) bitten, “intensiv zu prüfen, die Frist zur Beantragung über den 22. Juli hinaus zu verlängern”. Das unbürokratische Beantragungsverfahren müsse unbedingt noch bekannter gemacht werden, um alle Betroffenen zu erreichen. Denn ihnen habe “unser Land in der Vergangenheit so viel Unrecht angetan”.
Der Grünen-Menschenrechtspolitiker Max Lucks sagte: “Ich setze mich für eine Verlängerung der Entschädigungsmöglichkeit ein.” Die im Vergleich zur hohen Zahl von Verfolgten sehr niedrige Zahl von Anträgen zeige, dass die Scham bei verfolgten Männern bis heute tief sitze und die Möglichkeit zur Rehabilitierung öffentlich besser bekannt gemacht werden müsse.
Auch aus der FDP-Bundestagsfraktion wird das Vorhaben unterstützt. “Die Ansprüche dürfen nicht verfallen”, sagte der Sprecher für die Rechte von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transpersonen (LGBT), Jürgen Lenders. “Der Altersgruppe entsprechend wäre eine Kampagne in der Apothekenumschau und den öffentlich-rechtlichen Vorabend-Informationssendungen sicher zielführender als eine Social-Media-Kampagne.”
Zuvor hatte bereits Linken-Fraktionsgeschäftsführer Jan Korte gefordert, dass auch noch in den kommenden zehn Jahren Anträge gestellt werden können. Aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Schriftliche Frage Kortes geht den Angaben zufolge hervor, dass bislang lediglich 867.500 Euro von ursprünglich veranschlagten 30 Millionen Euro an die Opfer des Paragrafen 175 ausgezahlt wurden.
In der Nachkriegszeit verurteilte homosexuelle Männer werden seit 2017 rehabilitiert und entschädigt. Die Verurteilten können eine Entschädigung beantragen, die 3000 Euro je aufgehobener Verurteilung plus 1500 Euro je angefangenem Jahr in Haft beträgt. Seit März 2019 gilt eine zusätzliche Richtlinie, die es auch Verfolgten ohne Urteil möglich macht, eine einmalige Entschädigung für die negativen Beeinträchtigungen – beispielsweise einen Jobverlust – zu beantragen. In der Bundesrepublik hatte der Paragraf 175 aus der Nazi-Zeit noch viele Jahre weiter gegolten.
Quelle: AFP