Konrad Adenauer, erster Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, ließ angeblich fast zehn Jahre lang die gesamte SPD-Spitze ausspionieren. Das geht aus Akten der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung hervor, die der Historiker Klaus-Dietmar Henke ausgewertet hat und über die die “Süddeutsche Zeitung” in ihrer Samstagausgabe berichtet.
Fast 500 vertrauliche Berichte aus dem SPD-Parteivorstand sollen über einen Spitzel des Bundesnachrichtendienstes (BND) zu Adenauer gelangt sein. Dieser soll oft noch am selben Tag darüber informiert gewesen sein, was die größte Oppositionspartei im Land diskutierte und plante. Henke ist Sprecher der unabhängigen Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des BND. Schon bisher war bekannt, dass Adenauer innenpolitische Gegner überwachen und belastendes Material über sie sammeln ließ. Prominentestes Beispiel ist der spätere SPD-Bundeskanzler Willy Brandt.
Die nun ausgewerteten Dokumente legen jedoch eine neue Dimension der illegalen innenpolitischen Geheimdienstarbeit von Adenauers Regierung gegen politische Konkurrenz offen, schreibt die SZ. So erfuhr Adenauer beispielsweise, was im SPD-Vorstand besprochen wurde über den damals erwogenen Wechsel zum Mehrheitswahlrecht, wer als SPD-Kandidat bei der Wahl des Bundespräsidenten antreten würde oder dass die Sozialdemokraten 1957 ihre eigene Wahlkampf-Illustrierte kritisierten, unter anderem weil es dieser fehle “an dem heute unumgänglichen `Schuss Sex`”, wie es in dem Bericht hieß. Auch die vertrauliche Mitteilung, dass der damalige Parteivorsitzende Erich Ollenhauer bei der Bundestagswahl 1961 nicht erneut als Kanzlerkandidat kandidieren wolle, hatte der Kanzler angeblich zeitnah auf seinem Schreibtisch liegen.
dts Nachrichtenagentur