Diskussion über Embargo auf russische Energielieferungen hält an

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Die Diskussion um einen Stopp der russischen Lieferungen von Gas, Öl und Kohle hält an. FDP-Chef Christian Lindner sagte am Wochenende, Deutschland solle prioritär die Sanktionsmöglichkeiten einsetzen, “die dauerhaft durchhaltbar sind”. Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) dagegen forderte, “schnellstmöglich” auf russische Gas- und Öllieferungen zu verzichten. Russlands Präsident Wladimir Putin müsse wissen, “für unsere Art zu leben, für unsere Freiheit, sind wir bereit, auch substanzielle Opfer zu bringen”.

Lindner sagte der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung”, die Bundesrepublik habe “alle Sanktionsmöglichkeiten im Blick. Wir sollten mit Priorität diejenigen einsetzen, die dauerhaft durchhaltbar sind und unsere strategische Position nicht schwächen.”

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, Deutschland müsse sich die nötige Zeit nehmen, “um unsere Energieversorgung neu zu gestalten”. Andernfalls “lösen wir Prozesse aus, die uns selbst handlungsunfähig machen”. Der gesellschaftliche Zusammenhalt “darf nicht erodieren”. Nichts wäre dem russischen Präsidenten Wladimir Putin lieber, “als dass wir unsere Energiepolitik an die Wand fahren und ihm geschwächt gegenüberstehen”.

Auch SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil betonte in den Funke Zeitungen: “Wir können auf diese Lieferungen nicht von heute auf morgen verzichten.” In der Konsequenz hieße das, in Deutschland würde die Arbeitslosigkeit in die Höhe schießen und der soziale Zusammenhalt in Gefahr geraten.

Grünen-Chef Omid Nouripour betonte in den Funke Zeitungen (Montagsausgaben), “wir werden auch weiter tun, was wir können, um die Menschen in der Ukraine zu unterstützen”. Dazu gehöre auch der schnellstmögliche Ausstieg aus der Abhängigkeit von russischen fossilen Energien. 

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte am Freitag angekündigt, bis Herbst sei es möglich, auf russische Steinkohle zu verzichten, bis Ende des Jahres solle Deutschland “nahezu unabhängig” von russischem Öl sein. Bis Mitte 2024 soll die Bundesrepublik dann “weitgehend unabhängig” auch von russischem Gas werden.

Der ehemalige Bundestagspräsident und Finanzminister Schäuble (CDU) sagte der “Welt am Sonntag”: “Es wird bitter, aber ich denke, wir müssen schnellstmöglich auf russische Gas- und Öllieferungen verzichten. Wir dürfen nicht immer der Bremser im westlichen Bündnis sein.” Deutschland dürfe nicht zurückzucken, “wenn es für uns unangenehm wird”, sagte Schäuble. 

Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen erwartet, dass “die deutsche Position, weiter Gas und Öl aus Russland zu kaufen, keinen Bestand” haben wird. Irgendwann werde die Bundesregierung umfallen, sagte Röttgen der “Augsburger Allgemeinen”. “Und dann wird man zu Recht die Frage stellen, warum sie das nicht schon Wochen vorher getan hat, um den Krieg schneller zu beenden.” Der CDU-Außenpolitiker erwartet, dass es im Ukraine-Krieg “mehr und mehr Tote und Flüchtende” geben wird. “Wie soll Deutschland dann noch erklären, dass nicht alles getan wird, um das zu beenden?”  

Die Energieökonomin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung sagte im Deutschlandfunk, es sei möglich, bis Jahresende auf Steinkohle und Öl aus Russland zu verzichten. Beim Gas sei es etwas komplizierter. Auch in der Energieversorgung bedeute der Ukraine-Krieg eine Zeitenwende, sagte Kemfert: “Wir werden mit diesem Russland keine Geschäfte mehr machen können. Das ist ganz dramatisch, aber jetzt erst einmal so.”

Um einen Mangel an Gas auszugleichen, sollte Deutschland nach Ansicht der Expertin möglichst wenig auf Kohlekraftwerke zurückgreifen. Stattdessen sollten die Erneuerbaren Energien sehr schnell ausgebaut werden. 

Quelle: AFP

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