Die AfD ist vor dem Bundesverfassungsgericht mit einer Klage zur Wahl der Vizepräsidentinnen und -präsidenten des Bundestags gescheitert. Mit einem am Dienstag verkündeten Urteil wiesen die Karlsruher Richter eine Organklage des AfD-Abgeordneten Fabian Jacobi ab. Danach darf der Bundestag das Vorschlagsrecht für die Posten der Vizepräsidenten auf die Fraktionen beschränken. (Az: 2 BvE 2/20)
Jacobi und im vorausgehenden Eilverfahren auch die AfD wollten erreichen, dass spätestens im zweiten Wahlgang auch einzelne Abgeordnete ein Vorschlagsrecht für die Vizeposten haben. Das Bundesverfassungsgericht entschied nun, dass der Bundestag dieses Vorschlagsrecht auf die Fraktionen beschränken durfte.
Hintergrund des Verfahrens ist das Scheitern der AfD-Kandidaten bei der Verteilung der Vizeposten für das Bundestagspräsidium der vergangenen Wahlperiode. Laut Geschäftsordnung steht zwar jeder Fraktion mindestens ein Sitz im Präsidium zu, allerdings werden die Mitglieder von den Abgeordneten gewählt. Dazu braucht es im ersten und im zweiten Wahlgang eine absolute, in einem dritten Wahlgang dagegen nur eine einfache Mehrheit.
Bei einem Wahlversuch im November 2019 kündigte Jacobi an, er wolle neben dem Vorschlag seiner Fraktion einen eigenen Wahlvorschlag machen. Der damalige Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) und dann auch die sitzungsleitende Vizepräsidentin Petra Pau (Linke) lehnten dies ab, weil einem einzelnen Abgeordneten kein solches Vorschlagsrecht zustehe.
Dagegen strengte Jacobi das nun entschiedene sogenannte Organstreitverfahren in Karlsruhe an. Er sah sein im Grundgesetz verankertes Recht auf Mitwirkung aller Abgeordneten verletzt.
Hierzu betonte nun das Bundesverfassungsgericht, dass diese Abgeordnetenrechte zum “Schutz gleichwertiger Verfassungsgüter” eingeschränkt werden dürfen. Konkret sei dies hier im Interesse der Funktionsfähigkeit des Parlaments geschehen.
Zur Begründung verwies das Bundesverfassungsgericht auf die Geschäftsordnungsklausel, wonach jeder Fraktion mindestens ein Vizeposten im Präsidium zusteht. Dies hätten Schäuble und Pau so ausgelegt, dass das Vorschlagsrecht dann auch bei der Fraktion liegen muss. Dies sei naheliegend, und verfassungsrechtlich gebe es dagegen keine Bedenken.
Auch der damit verbundene Eingriff in das freie Abgeordnetenmandat sei verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Durch das Vorschlagsrecht der Fraktionen würden diese in die Leitung des Bundestags eingebunden. Die Akzeptanz von Organisationsentscheidungen des Bundestagspräsidiums in den einzelnen Fraktionen werde so verbessert.
Bei einem Vorschlag durch einzelne Abgeordnete könne dagegen ein Kandidat gewählt werden, der nicht das Vertrauen seiner Fraktion genießt, betonten die Karlsruher Richter. Das gelte umso mehr, wenn wie hier ein solcher Vorschlag neben den Wahlvorschlag der Fraktion tritt. Stattdessen habe Jacobi die Möglichkeit gehabt, sich innerhalb der eignen AfD-Fraktion für seinen Kandidaten einzusetzen.
Quelle: AFP