Zwei Jahre lang hatten sie wegen der Corona-Pandemie auf ihre Karnevalsfeiern verzichtet – nun endete die Feier der Menschen im belgischen Strépy-Bracquegnies in einer Tragödie: Mindestens sechs Menschen starben und zehn weitere wurden nach Behördenangaben lebensgefährlich verletzt, als ein Wagen bei einer Karnevalsveranstaltung am frühen Sonntagmorgen in der belgischen Provinz Hennegau in die Menschenmenge raste. Die Staatsanwaltschaft hielt einen Terroranschlag für unwahrscheinlich. Belgiens Regierungschef Alexander De Croo besuchte zusammen mit König Philippe den Unglücksort.
Der tödliche Zwischenfall ereignete sich gegen 05.00 Uhr morgens in dem zur südbelgischen Gemeinde La Louvière gehörenden Dorf Strépy-Bracquegnies. Dort sollten zweitägige Karnevalsfeiern mit dem Brauch des “Ramassage des Gilles” beginnen, bei dem sich die Menschen für den Karneval sammeln.
Nach Angaben von La Louvières Bürgermeister Jacques Gobert hatten zwischen 150 und 200 Menschen gerade die Sporthalle des kleinen Orts verlassen und wollten ins Zentrum ziehen, als ein Wagen mit hoher Geschwindigkeit in die Menge raste. Sechs Menschen kamen ums Leben, 26 weitere erlitten unterschiedlich schwere Verletzungen. Zehn von ihnen schwebten laut den Behörden in Lebensgefahr.
Nach Angaben des stellvertretenden Staatsanwalts von Mons, Damien Verheyen, wurden die beiden Insassen des Wagens festgenommen. Sie stammen demnach aus La Louvière und wurden 1988 sowie 1990 geboren.
Die beiden seien aus einem Nachtclub gekommen und hätten kurz zuvor noch eine andere Person abgesetzt, sagte Oberstaatsanwalt Christian Henry dem öffentlich-rechtlichen Sender RTBF. Am Montag würden die Ergebnisse des Bluttests erwartet, die Rückschlüsse auf möglichen Drogenkonsum geben könnten. “Nichts deutet auf eine Radikalisierung oder Extremismus hin”, fügte er hinzu.
In Belgien feiern zahlreiche Städte und Dörfer auch während der Fastenzeit Karneval und veranstalten dazu zahlreiche Straßenumzüge; die bekanntesten finden in Binche und Aalst statt. Wie in Binche sind auch beim Karneval von Strépy-Bracquegnies die Teilnehmer als “Gilles” verkleidet, komische Figuren, die in den frühen Morgenstunden zum Umzug abgeholt werden.
“Ich habe mich umgedreht und sah, wie ein Auto in die Gruppe raste”, berichtete ein Passant, Théo, dem Sender RTBF. “Es fuhr sehr schnell und hat nicht gebremst.” Der Wagen sei weitergerast und habe dabei einen “Gille” noch etwa hundert Meter mitgeschleift. Er habe viele Leute auf dem Boden liegen gesehen.
“Es hätte ein Tag des Feierns nach einer schwierigen Zeit sein sollen. Es wurde zu einem Tag der Trauer”, sagte Regierungschef De Croo, als er und König Philippe am Unglücksort den Ersthelfern dankte. Auch Innenministerin Annelies Verlinden sprach den Familien und Freunden der Opfer ihr tiefes Beileid aus. “Wir verfolgen die Situation genau”, erklärte sie auf Twitter.
Die Veranstaltung sollte Auftakt von zweitägigen Karnevalsfeiern in Strépy-Bracquegnies sein. Bürgermeister Gobert sagte, er habe die Organisatoren gebeten, die restlichen Veranstaltungen abzusagen.
Der Vorfall in Belgien erinnert an den Rosenmontagsumzug vor zwei Jahren im nordhessischen Volkmarsen, als ein Autofahrer vorsätzlich in die Menschenmenge fuhr und mehr als hundert Menschen verletzte. Die Tat löste großes Entsetzen aus, unter den Opfern befanden sich auch viele Kinder. Im vergangenen Dezember wurde der Mann wegen versuchten Mordes in 89 Fällen zu lebenslanger Haft verurteilt. Sein Motiv ist bis heute unklar.
Quelle: AFP