Der Marburger Bund bereitet angesichts der bislang ergebnislosen Tarifverhandlungen für die rund 55.000 Ärzte an den kommunalen Krankenhäusern Streikmaßnahmen vor. In einer Sitzung habe die große Tarifkommission den Weg dafür frei gemacht, teilte die Ärztegewerkschaft am Donnerstag in Berlin mit. Verhandlungsführer Christian Twardy erklärte, die Verhandlungen mit den kommunalen Arbeitgebern seien “an einem toten Punkt angelangt”. Der Marburger Bund will nun kurzfristig entscheiden, wann und wo gestreikt wird.
Twardy erklärte, die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) habe nicht im gleichen Maß wie die Ärzte Bereitschaft zur Verständigung gezeigt. So sei die Arbeitgeberseite nicht einmal bereit gewesen, die Vorteile zu nutzen, die sich aus steuerbefreiten Einmalzahlungen – also Coronaprämien – ergeben hätten. “Auf dieser Grundlage ist der Weg zu einer Verhandlungslösung verbaut.”
Den Angaben zufolge gab es seit der letzten Verhandlungsrunde Mitte Februar noch zwei Sondierungen mit der VKA. Auch diese seien gescheitert.
Die VKA nannte die Streikankündigung “nicht hinnehmbar und unangemessen”. “Was uns der Marburger Bund vorwirft, ist nicht zutreffend und an den Haaren herbeigezogen”, erklärte Wolfgang Heyl, Verhandlungsführer der Vereinigung. Der Marburger Bund habe nicht nur das gesamte Angebot, sondern “explizit auch eine Coronaprämie für Ärztinnen und Ärzte” abgelehnt.
“Der Marburger Bund hat es selbst zu verantworten, dass es keine steuer- und sozialversicherungsfreie Coronasonderzahlung mehr geben kann, weil er nicht die erforderliche Einigungsbereitschaft gezeigt hat”, kritisierte Heyl. Es könne nicht im Sinn der Ärztinnen und Ärzte sein, wie der Marburger Bund nun vorgehe. Die Gewerkschaft verkenne die Lebenswirklichkeit angesichts wieder steigender Coronazahlen und zu erwartender zusätzlicher Belastungen für Krankenhäuser durch Kriegsversehrte aus der Ukraine.
Ein von den Arbeitgebern im Dezember vorgelegtes Tarifangebot hatte der Marburger Bund als “komplett inakzeptabel” zurückgewiesen. Die Arbeitgeber warfen der Gewerkschaft hingegen fehlende Kompromissbereitschaft vor. Das Angebot sah im Kern ab 2023 in zwei Stufen eine Entgelterhöhung in Höhe von insgesamt 3,3 Prozent sowie eine steuer- und abgabenfreie Corona-Sonderzahlung in Höhe von 1200 Euro je Ärztin und Arzt in Vollzeit vor.
Die Gewerkschaft forderte fünfeinhalb Prozent mehr Gehalt rückwirkend zum 1. Oktober 2021 sowie Verbesserungen bei den Bereitschaftsdiensten und Rufbereitschaften. Der Marburger Bund will unter anderem die Kliniken stärker in die Pflicht nehmen, Grenzen für Dienste außerhalb der Regelarbeitszeit einzuhalten. Dadurch soll erreicht werden, dass Ruhezeiten von Ärztinnen und Ärzten auch tatsächlich gewährt werden.
Insgesamt betreffen die Tarifverhandlungen 500 Kliniken in Deutschland. Für die kommunalen Kliniken in Berlin gibt es einen eigenen Ärztetarifvertrag.
Quelle: AFP