Angesichts des Kriegs in der Ukraine steht die mit der russischen Gaspipeline Nord Stream 2 in Verbindung gebrachte Stiftung Klima- und Umweltschutz des Landes Mecklenburg-Vorpommern offenbar vor dem Aus. Ministerpräsident Manuela Schwesig (SPD) erklärte am Montag in Schwerin, sie habe den Stiftungsvorstand gebeten, “im Rahmen der engen rechtlichen Möglichkeiten eine Auflösung der Stiftung auf den Weg zu bringen”. Parallel dazu sah sich Schwesig wegen der Angelegenheit zunehmenden Attacken von Unionspolitikern ausgesetzt.
Die umstrittene Stiftung wird von Umweltschützern als Feigenblatt zur Durchsetzung energiepolitischer Interessen kritisiert, auch die Opposition in Mecklenburg-Vorpommern sowie auf Bundesebene äußerte immer wieder massive Vorbehalte. Schwesig verteidigte die Stiftung indessen monatelang vehement. Am Dienstag wird auch der Landtag in Schwerin in einer gemeinsam von CDU, FDP und Grünen angesetzten Dringlichkeitssitzung über den Umgang mit der Stiftung debattieren.
Mecklenburg-Vorpommern wird derzeit von einer Koalition aus SPD und Linken regiert. Die Stiftung wurde im Januar vergangenen Jahres noch zu Amtszeiten einer Koalition aus SPD und CDU von der Landesregierung in Schwerin gegründet und mit einem Stiftungskapital von 200.000 Euro ausgestattet. Als Zustiftung bekam die Stiftung später nach eigenen Angaben zehn Millionen Euro vom Nord-Stream-2-Konsortium, weitere 30 Millionen sollten folgen. Vorsitzender der Stiftung ist der frühere Schweriner Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD).
Die deutsch-russische Pipeline Nord Stream 2 sollte russisches Erdgas durch die Ostsee nach Deutschland leiten. Hinter dem Projekt und dem Konsortium steht der staatliche russische Energieriese Gazprom. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine stoppte die Bundesregierung in der vergangenen Woche den Genehmigungsprozess.
Bereits in der vergangenen Woche kündigte die Landesregierung in Schwerin einen Stopp sämtlicher Aktivitäten der Klimastiftung im Zusammenhang mit dem Pipelinebau an. Am Montag erklärte Schwesig nun, die Stiftung solle vorerst komplett ihre Arbeit ruhen lassen sowie die eigene Auflösung einleiten. Außerdem werde “auch geprüft, ob es rechtlich möglich ist, die von Nord Stream zur Verfügung gestellten Stiftungsgelder für humanitäre Zwecke einzusetzen”.
Schwesig beklagte, es sei zuletzt “immer wieder versucht worden, die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns als ‘Putin-Freund’ oder ‘Putin-Versteher’ zu diskreditieren”. Dies sei “Unsinn”, fügte sie an. Schwesig selbst absolviert derzeit eine mehrwöchigen Ruhepause wegen einer Behandlung in der Folge einer früheren Krebstherapie.
Unionspolitiker aus dem Bund verstärkten ihren Druck auf Schwesig, die auch als eine mögliche künftige Führungsfigur der Bundes-SPD gilt. Der parlamentarische Geschäftsführer der CSU im Bundestag, Stefan Müller, sagte am Montag dem “Handelsblatt”, Schwesigs Entscheidung komme “deutlich zu spät”. Es handle sich um eine “windige Russlandstiftung”, deren Abwicklung allein noch nicht ausreiche. “Gerichte werden prüfen müssen, ob Schwesig mit ihrer Landesstiftung gegen Geldwäschegesetze verstoßen hat”, fügte er an.
Die CDU-Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann forderte von Schwesig derweil “persönliche Konsequenzen”. Seit Schwesigs Amtsantritt sei “das unbedingte Bekenntnis zu Putins Russland” eines der Fundamente ihrer Arbeit gewesen, sagte Connemann ebenfalls dem “Handelsblatt”.
Ohne Schwesig oder ihre Regierung explizit zu nennen, hatte am Sonntag Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) scharfe Kritik an einem “Netzwerk mehr oder weniger gutgläubiger Interessenvertreter in aller Welt, auch und gerade hier in Deutschland”, geübt, “die sich einmal als Putin-Versteher gerieren, das andere Mal als Freunde Russlands”. “Bis hin zu windigen Stiftungskonstruktionen” ließen sie “nichts unversucht, mit diesem System Geschäfte zu machen”.
Auch die FDP in Mecklenburg-Vorpommern kritisierte Schwesig scharf. Der Vorgang um die Stiftung zeige, “dass die Abhängigkeit von Putin und seiner Machtclique erheblich ist und erst aufgegeben wird, wenn es nicht mehr anders geht”, erklärte Landes- und Fraktionschef René Domke am Montag in Schwerin. Der Druck sei inzwischen zu groß.
Quelle: AFP