Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki hat Deutschland “steinernen Egoismus” im Ukraine-Konflikt vorgeworfen. Er wolle “das Gewissen Deutschlands” aufrütteln, damit es sich endlich zu “wirklich erdrückenden” Sanktionen gegen Russland entschließe, sagte Morawiecki am Samstag vor einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vor polnischen Journalisten in Berlin. Neben einem Ausschluss Russlands aus dem Swift-System forderte Morawiecki auch den Stopp der Ostsee-Pipeline Nord Stream 1.
Scholz, Morawiecki und der litauische Präsident Gitanas Nauseda wollten am Samstag in Berlin über den Krieg in der Ukraine beraten. Dabei sollte es auch um Strafmaßnahmen gegen Russland gehen.
“Heute ist nicht die Zeit für die Art von steinernem Egoismus, wie wir ihn in gewissen westlichen Ländern, einschließlich in Deutschland, sehen”, sagte Morawiecki. Angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine müssten nun “alle Sanktionen auf dem Tisch liegen”. Morawiecki forderte das Aus für beide deutsch-russische Nord-Stream-Pipelines. Nach dem Stopp von Nord Stream 2 müsse auch Nord Stream 1 stillgelegt werden, sagte er.
Die EU hatte angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine weitreichende Sanktionen gegen Russland verhängt. Von den Strafmaßnahmen betroffen sind unter anderen Kreml-Chef Wladimir Putin und sein Außenminister Sergej Lawrow persönlich. Auch russische Banken wurden sanktioniert.
Uneinigkeit herrscht jedoch weiterhin darüber, ob Russland auch aus dem internationalen Zahlungssystem Swift ausgeschlossen werden soll. Während neben Polen unter anderem auch Frankreich und Österreich für eine Entkoppelung Russlands von Swift eintreten, lehnt Deutschland einen solchen Schritt bislang ab.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) begründete dies am Freitag unter anderem damit, dass ein Swift-Ausschluss Russlands eine “Breitenwirkung” entfalten und auch die russische Bevölkerung treffen würde. Ziel sei es aber, die Verantwortlichen für das Blutvergießen in der Ukraine zu sanktionieren.
Morawiecki forderte von Deutschland auch Waffenlieferungen an die Ukraine. Die 5000 Schutzhelme, die Berlin der Ukraine zugesagt hatte, bezeichnete der polnische Ministerpräsident als “eine Art Witz”. Die Ukraine brauche “richtige Hilfe”, also “Waffen”. Die Ukrainer kämpften nicht nur für sich selbst, “sie kämpfen auch für uns. Für unsere Freiheit, unsere Souveränität. Damit wir nicht die Nächsten sind, die an die Reihe kommen”, betonte er.
Russlands Regierung warf der Politiker der nationalkonservativen Partei PiS vor, “die Welt, wie wir sie kennen, zerstören zu wollen”. Der Westen müsse deshalb “jetzt handeln”. Warschau wirbt in der EU und der Nato seit langem für eine harte Haltung gegenüber Russland.
Quelle: AFP