Westen reagiert mit Welle von Sanktionen auf Putins Eskalationskurs

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Auf die dramatische Eskalation des Ukraine-Konflikts durch die russische Anerkennung der Separatistengebiete hat der Westen mit Sanktionen gegen Moskau reagiert. Die EU-Außenminister brachten am Dienstag in Paris ein umfassendes Paket von Strafmaßnahmen auf den Weg, US-Präsident Joe Biden kündigte Finanzsanktionen gegen Russland an. Die Bundesregierung legte das Pipeline-Projekt Nord Stream 2 vorerst auf Eis. US-Außenminister Antony Blinken sagte ein Treffen mit seinem russischen Kollegen ab.

Die EU-Sanktionen zielen nach Angaben von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel auf Banken, Finanzmärkte sowie den Handel mit Russland ab. Demnach ist unter anderem ein eingeschränkter Zugang für Russland zu den Kapital- und Finanzmärkten der EU vorgesehen. Nach der politischen Einigung der EU-Außenminister auf die Strafmaßnahmen ist nun noch ein juristisch bindender Beschluss erforderlich.

Harte Finanzsanktionen verhängen auch die USA gegen Russland, wie Präsident Biden in einer Fernsehansprache im Weißen Haus verkündete. Die russische Regierung werde durch umfassende Sanktionen gegen öffentliche Schuldtitel des Landes von “westlicher Finanzierung abgeschnitten”. Verhängt würden auch Strafmaßnahmen gegen zwei russische Banken, darunter die staatliche Außenwirtschaftsbank VEB, und gegen “russische Eliten”. Kanada und Großbritannien zogen mit ähnlichen Sanktionen nach.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) warnte, dass Putin “möglicherweise die gesamte Ukraine” besetzen wolle. Auf Anweisung des Kanzlers wurde das Genehmigungsverfahren für die Pipeline Nord Stream 2 vorerst gestoppt, die russisches Erdgas durch die Ostsee nach Deutschland und in andere Länder befördern soll. Auf die Frage, ob eine Inbetriebnahme von Nord Stream 2 zu einem späteren Zeitpunkt möglich sei, sagte Scholz am Abend in der ARD: “Jetzt ist das jedenfalls eine Situation, in der niemand darauf wetten sollte.”

Scholz nannte die Entwicklung des Russland-Ukraine-Konflikts “sehr bedrohlich”, wies die Forderung Kiews nach deutschen Waffenlieferungen aber erneut kategorisch zurück. Derweil kündigte US-Präsident Biden weitere Waffenlieferungen an die Ukraine an.

Vertreter Russlands reagierten erbost auf die Sanktionsankündigungen. Ex-Präsident Dmitri Medwedew warnte die Europäer wegen des Stopps von Nord Stream 2 vor einem Anstieg der Gaspreise: “Willkommen in einer neuen Welt, in der die Europäer bald 2000 Euro für 1000 Kubikmeter Gas bezahlen werden”, twitterte der Vizechef des russischen Nationalen Sicherheitsrates.

Putin hatte am Montagabend das Existenzrecht der Ukraine als eigenständiger Staat in Zweifel gezogen und die Anerkennung der sogenannten “Volksrepubliken” Luhansk und Donezk in der Ostukraine verkündet. Am Dienstag stellte er klar, dass sich die Anerkennung der Unabhängigkeit auf die gesamten Bezirke Luhansk und Donezk beziehe – und somit auch auf weiterhin von Kiew kontrolliertes ukrainisches Staatsgebiet. Das Oberhaus des russischen Parlaments billigte unterdessen Putins Antrag auf eine Truppenentsendung in die Separatistengebiete. 

Am Dienstagabend verkündete das russische Außenministerium die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit den “Volksrepubliken”. Kurz zuvor hatte das Ministerium die “Evakuierung” seiner Botschaft und Konsulate in der Ukraine angekündigt.

Stoltenberg sagte nach einer Sondersitzung der Nato-Ukraine-Kommission, das Militärbündnis beobachte einen fortgesetzten russischen Truppenaufmarsch und Vorbereitungen für einen “groß angelegten Angriff”. Er sprach von der gefährlichsten Lage für Europa innerhalb einer Generation.

US-Außenminister Antony Blinken sagte ein für Ende der Woche geplantes Treffen mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow ab. “Jetzt, wo wir sehen, dass die Invasion beginnt und Russland deutlich gemacht hat, dass es Diplomatie rundweg ablehnt, macht es keinen Sinn, dieses Treffen fortzusetzen”, argumentierte Blinken.

Putin wies Vorwürde zurück, er plane die Wiederherstellung eines russischen Großreichs. Solche Spekulationen entsprächen “in keiner Weise der Realität”. Die Ukraine forderte er auf, sich zu entmilitarisieren und ihren Wunsch nach einem Nato-Beitritt aufzugeben. Die “beste” Lösung wäre, wenn die Ukraine “neutral” bleibe, sagte Putin.

In der Ostukraine lieferten sich die Separatisten und die ukrainische Armee erneut Gefechte, bei denen ein ukrainischer Soldat und ein Kämpfer der Separatisten getötet wurden. Die ukrainische Armee meldete darüber hinaus sechs Verletzte in ihren Reihen durch Beschuss durch Separatisten in der Region Luhansk.

Quelle: AFP

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