Nach zehn Jahren Bauzeit und scharfen Kontroversen mit den Nachbarländern hat in Äthiopien die Stromproduktion an einem Mega-Staudamm am Nil begonnen. Regierungschef Abiy Ahmed eröffnete die umstrittene 145 Meter hohe Grand-Ethiopian-Renaissance-Talsperre (Gerd) im Beisein weiterer hochrangiger Regierungsvertreter am Sonntag offiziell, wie ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Der Bau, der Milliardensummen verschlungen hatte, soll die Stromerzeugung in dem ostafrikanischen Land mehr als verdoppeln.
Ministerpräsident Abiy löste mit einer Reihe von Knopfdrücken die Stromproduktion an dem Damm aus. “Dieser Tag, für den die Äthiopier so viel geopfert, von dem die Äthiopier sich so viel erhofft haben, für den die Äthiopier so gebetet haben, dieser Tag ist jetzt da”, sagte ein Regierungsmitglied bei der Einweihungsfeier.
“Dieser großartige Damm wurde von Äthiopiern, aber nicht nur für Äthiopier gebaut”, hob das Regierungsmitglied hervor. Von dem Wasserkraftwerk würden “alle afrikanischen Brüder und Schwestern profitieren”.
Der Mega-Staudamm soll nach den Plänen Äthiopiens eine jährliche Leistung von 5000 Megawatt erreichen. Die Stromproduktion Äthiopiens würde sich dadurch mehr als verdoppeln. Die zunächst geplante Kapazität von 6500 Megawatt erwies sich allerdings als zu hoch angesetzt.
Für den Bau des Wasserkraftwerks musste Äthiopien enorme Summen aufbringen – nach Expertenschätzungen insgesamt 4,2 Milliarden Dollar (3,7 Milliarden Euro). Jeder Staatsbedienstete wurde daher aufgerufen, für das Vorhaben auf einen Monatslohn zu verzichten. Außerdem wurde die Wirtschaft des Landes mit der Aufnahme zahlreicher Kredite durch den Staat belastet. Lange Zeit stand das Projekt auch wegen Verzögerungen bei den Bauarbeiten kurz vor dem Aus.
Mit dem Wasserkraftwerk-Projekt ging Äthiopien auch außenpolitisch ein hohes Risiko ein. Der Bau sorgt seit Jahren für Streit unter den Nil-Anrainern. Während Äthiopien argumentiert, dass die 1,8 Kilometer lange und 145 Meter hohe Talsperre für seine Stromproduktion unerlässlich sei, fürchten die flussabwärtsgelegenen Anrainerstaaten Sudan und Ägypten um ihre Wasserversorgung.
Mit dem Streit hatte sich im vergangenen Sommer der UN-Sicherheitsrat befasst. Einen Vermittlungsvorschlag des Gremiums wies Äthiopien aber zurück.
Quelle: AFP