Vor der Ministerpräsidentenkonferenz am kommenden Mittwoch werden parteiübergreifend Öffnungsschritte und eine Rücknahme von Corona-Maßnahmen gefordert. “Wir treten dank milderer Krankheitsverläufe in eine neue Phase der Pandemie ein, die Perspektiven für schrittweise Öffnungen ermöglicht. Diese müssen durch einen Basisschutz abgesichert werden, damit wir sie nicht wieder zurücknehmen müssen”, sagte Nordrhein-Westfalens Regierungschef Hendrik Wüst (CDU), der den MPK-Vorsitz innehat, der “Welt”.
Man dürfe “Öffnungen und Schutz nicht gegeneinanderstellen, sondern müssen sie zusammen denken”. Die Länder benötigten auch nach Mitte März die Möglichkeit, “mit Hygienekonzepten, Maske und Abstand für das nötige Maß an Sicherheit sorgen zu können – so lange es eben notwendig ist”. Hier müsse die Bundesregierung für den erforderlichen Rechtsrahmen sorgen. “Bei einer kontrollierbaren Situation in den Krankenhäusern können wir dann zeitnah im März den nächsten Schritt machen”, so Wüst. Nach Ansicht von Wüst sollte in einem ersten Schritt die 2G-Regel im Einzelhandel gestrichen werden: “In Zukunft sollte das Tragen einer FFP2-Maske den Schutz im Handel gewährleisten. Das kann auf Dauer auch das Konzept für andere Situationen sein.” Wüst plädiert dafür, Veranstaltungen im Außenbereich mit Kapazitätsbeschränkungen zu erleichtern. Zudem sollte die Rücknahme von Kontaktbeschränkungen für Geimpfte geprüft werden. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) peilt Öffnungsschritte im Frühjahr an. Unterstützung bekommt er dabei von Vizevorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Dagmar Schmidt: “Sobald Öffnungsschritte mit Blick auf die Situation möglich sind, werden wir diese auch schnellstmöglich Schritt für Schritt umsetzen.” Es gebe erste vorsichtige Zeichen, “dass der Höhepunkt der Omikron-Welle erreicht sein könnte”. Damit sei es aber noch nicht vorbei. Es gehe darum, “jetzt nicht unvernünftig ins Risiko zu gehen, um nicht auf den letzten Metern unseren bisherigen Erfolg wieder zu verspielen”, erklärte Schmidt. In der MPK-Runde kursiert auch eine interne Lageeinschätzung des Robert-Koch-Instituts, über die die “Welt” berichtet. So soll es heißen: “Die Endemie ist noch nicht erreicht – wir befinden uns in einer Übergangsphase.”
Mit einer neuen Corona-Welle im Herbst sei “fest zu rechnen”. SPD-Parteivize Thomas Kutschaty sagte, die Bundesregierung habe “Lockerungen vor Ostern in Aussicht gestellt”. Bei der MPK-Runde gehe es darum, “entsprechende Regelungen für eine gemeinsame Linie zu finden, sobald die Infektionszahlen drastisch fallen. Bis die Regelungen vollends greifen, gilt weiter Vorsicht”.
Kutschaty mahnte Verlässlichkeit an. Es könne nicht sein, dass Regierungschef der Union nach gemeinsamen Vereinbarungen etwas anderes ankündigten. Kutschaty meint damit das Ausscheren von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bei der berufsbezogenen Impflicht. Unionsfraktionsvize Sepp Müller (CDU) sagte: “Wir sollten bei der Aufhebung der Schutzmaßnahmen mutig sein, das gilt vor allem für diejenigen Maßnahmen, von denen gerade Kinder und Jugendliche betroffen sind.”
Viele der Einschränkungen für die unter 18-Jährigen ließen sich unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit “nicht mehr rechtfertigen”. Tests für Indoor-Aktivitäten in Kultur und Sport seien “nicht mehr verhältnismäßig”. Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Johannes Vogel, verwies darauf, dass es keine Überlastung des Gesundheitssystems in der Omikron-Welle gebe: “Daher sollten wir jetzt schrittweise zur Normalität zurückkehren.” Er fordert den Wegfall der 2G-Regel im Handel sowie der 2G- oder 3G-Regeln dort, wo in Innenräumen durchgehend Maske getragen werden könnten. Die FDP verlangt weniger Kontaktbeschränkungen für Geimpfte und die Reduktion von Personenbegrenzungen bei Veranstaltungen im Freien. Eine Verlängerung der Maskenpflicht, etwa in öffentlichen Verkehrsmitteln, sei weiterhin denkbar. Nach Ansicht von AfD-Fraktionschefin Alice Weidel sei eine fortgesetzte Einschränkung von Grundrechten “nicht zu rechtfertigen”. Die Corona-Maßnahmen müssten “umgehend aufgehoben werden”.
dts Nachrichtenagentur