Kanada will Blockaden von Corona-Maßnahmen-Gegnern per Notstandsgesetz beenden

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Kanadas Premierminister Justin Trudeau zeigt im Umgang mit Blockaden durch Gegner der Corona-Maßnahmen keinerlei Nachsicht. In einem ungewöhnlichen Schritt berief sich Trudeau am Montag auf Notstandsbefugnisse der Regierung, um gegen die von Lkw-Fahrern angeführten Proteste vorzugehen. Die Behörden erhalten nun mehr rechtliche Möglichkeiten, um Demonstranten zu verhaften, ihre Lastwagen zu beschlagnahmen und die Finanzierung der Proteste zu unterbinden. Zuvor hatte die Polizei nach eigenen Angaben bei einer Blockade an einem Grenzübergang ein Waffenlager gefunden.

“Die Bundesregierung hat sich auf das Notstandsgesetz berufen, um die Kapazitäten der Provinzen und Territorien zur Bewältigung der Blockaden und Besetzungen zu ergänzen”, sagte Trudeau vor Journalisten. “Wir können und werden nicht zulassen, dass illegale und gefährliche Aktivitäten fortgesetzt werden.” Es ist erst das zweite Mal in der kanadischen Geschichte, dass ein Premierminister in Friedenszeiten von solchen Befugnissen Gebrauch gemacht hat.

“Es geht darum, die Sicherheit der Kanadier zu gewährleisten, die Arbeitsplätze der Menschen zu schützen und das Vertrauen in unsere Institutionen wiederherzustellen”, führte Trudeau aus. Die Maßnahme sei “zeitlich begrenzt” und werde “geografisch gezielt” eingesetzt. Das Militär soll demnach zunächst nicht zum Einsatz kommen.

Mit sogenannten “Freiheits”-Konvois blockieren Lkw-Fahrer derzeit mehrere Grenzübergänge zu den USA sowie die Hauptstadt Ottawa. Am Wochenende hatten die Behörden bereits die wichtige Ambassador-Grenzbrücke geräumt, die die kanadische Provinz Ontario mit der US-Metropole Detroit verbindet. Die wegen der Blockade zwischenzeitlich zum Erliegen gekommene Produktion mehrerer Autobauer wurde am Montag wieder aufgenommen.

Am Montag entdeckte die Polizei an einem blockierten Grenzübergang zwischen Coutts im Bundesstaat Alberta und dem US-Bundesstaat Montana in mehreren Fahrzeugen Gewehre und Handfeuerwaffen sowie “große Mengen Munition”. Elf Verdächtige wurden festgenommen. “Die Gruppe soll bereit gewesen sein, Gewalt gegen die Polizei anzuwenden, falls Versuche unternommen würden, die Blockade zu stören”, erklärte die Polizei.

Die Aktionen der Lkw-Fahrer hatten aus Protest gegen die Impfpflicht bei Grenzübertritten begonnen, die Mitte Januar von Kanada und den USA eingeführt worden war. Ungeimpfte kanadische Lkw-Fahrer müssen sich demnach bei der Rückkehr aus den USA für zwei Wochen isolieren, US-Fahrer ohne Impfung dürfen gar nicht ins Land. Mehrere kanadische Bundesstaaten haben mittlerweile angekündigt, die Impfpasspflicht aufzuheben, darunter Ontario, Alberta und Saskatchewan.

Inzwischen richten sich die Demonstrationen allgemein gegen die Corona-Regeln und die Regierung von Premierminister Trudeau. Die Proteste haben weltweit Nachahmer gefunden, unter anderem in Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Österreich, der Schweiz, Israel und Neuseeland.

Das kanadische Notstandsgesetz kann im Fall einer “nationalen Krise” herangezogen werden. Es erlaubt der Bundesregierung in Ottawa “vorübergehende außerordentliche Maßnahmen”. Zuletzt war es 1970 vom Vater des amtierenden Regierungschefs, Pierre Elliott Trudeau, angewandt worden, um die Armee nach Québec zu schicken, nachdem dort Separatisten einen britischen Handelsattaché sowie einen Minister entführt hatten. Der Minister, Pierre Laporte, wurde später tot in einem Kofferraum gefunden.

Mehrere Ministerpräsidenten kanadischer Bundesstaaten hatten vor Justin Trudeaus Ankündigung ihren Widerstand gegen die Anwendung des Gesetzes zum Ausdruck gebracht.

Quelle: AFP

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