Mehrere Bundesländer verzeichnen einen Anstieg bei Angriffen auf Mandatsträger. Das ergab eine Umfrage der “Welt am Sonntag” in den Ländern.
So stieg die Zahl der Straftaten im vergangenen Jahr in Nordrhein-Westfalen von 88 auf 124, in Brandenburg von 41 auf 85. In Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern liegen noch keine Zahlen vor, man rechnet aber mit einem gestiegenen Fallaufkommen. Mehrere Bundesländer meldeten ein gleichbleibendes Straftaten-Niveau, in manchen Bundesländern gingen die Delikte auch leicht zurück. Einer vorläufigen Statistik des Bundeskriminalamts (BKA) zufolge wurden im vergangenen Jahr insgesamt 4458 Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger registriert – fast dreimal so viele wie im Jahr 2017. Hinzu kommen Belästigungen, die unterhalb der Grenze zur Strafbarkeit stattfinden. Mehrere Innenministerien führten den Anstieg auf eine Radikalisierung in den sozialen Netzwerken zurück. Das Innenministerium in Bayern teilte mit, “dass auch unabhängig von den Corona-Protesten und insbesondere in den sozialen Medien, wiederholt zu Angriffen auf staatliche Einrichtungen oder gar zu Übergriffen auf politische Entscheidungsträger aufgerufen wird”. Mehrere Sicherheitsbehörden haben zusätzliche Schutzmaßnahmen ergriffen. Die Berliner Polizei etwa verstärkte den Schutz öffentlicher Gebäude, Nordrhein-Westfalen richtete eine zentrale Ansprechstelle für Sicherheitsfragen für politische Verantwortungsträger ein. Auch in Baden-Württemberg gibt es eine solche Fachabteilung. In Rheinland-Pfalz hat das Landeskriminalamt eine Broschüre mit Verhaltensempfehlungen für Amts- und Mandatsträger und eine Telefonhotline erstellt. In Sachsen-Anhalt wird auf die Veröffentlichung der vollständigen Wohnanschrift im Rahmen der öffentlichen Bekanntmachung der Wahlvorschläge bei Kommunalwahlen verzichtet. Beim Staatsschutz in Sachsen wurde der Polizeischutz für Mandatsträger ausgebaut – und auch beim BKA, das für den Schutz von Regierungspolitikern und Abgeordneten des Bundestages zuständig ist.
Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU), der bei einem Winterspaziergang der CDU im Beisein seiner Familie von Corona-Kritikern bedrängt wurde, sagte der “Welt am Sonntag”: “Kritik an den politischen Verantwortlichen ist legitim – was aktuell passiert, hat aber definitiv eine neue Qualität und überschreitet zum Teil klare Grenzen”. Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), gegen den es zuletzt eine Flut von Anfeindungen und Morddrohungen gab, sagte der “Welt am Sonntag”, dass es sich bei diesen Personen um eine “kleine, bösartige Minderheit” handle, der man “gemeinsam die Stirn bieten” müssen.
dts Nachrichtenagentur