Nun ist es offiziell: Trotz zahlreicher Proteste ist in Österreich am Samstag die allgemeine Corona-Impfpflicht in Kraft getreten. Die Alpenrepublik ist damit EU-weit das erste Land, das eine derartige Maßnahme im Kampf gegen die Pandemie einführte.
Die Impfpflicht, gegen die es im Vorfeld viele Demonstrationen gab, gilt für alle Menschen ab 18 Jahren mit Wohnsitz in Österreich. Wer dagegen verstößt, soll Strafen von 600 bis 3600 Euro zahlen müssen. Die Strafen werden nur im Falle einer nachgeholten Immunisierung binnen zwei Wochen aufgehoben.
Ausnahmen sind laut Gesetz für Schwangere und diejenigen vorgesehen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können. Auch Genesene sind für 180 Tage von der Impfpflicht befreit. Zudem gibt es eine “Schonfrist” für alle: Kontrolliert werden soll die Einhaltung der Impfpflicht erst ab Mitte März.
Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hatten das entsprechende Gesetz am Freitag unterschrieben, nachdem es vom Bundesrat verabschiedet worden war. Anschließend wurde es im offiziellen Amtsblatt veröffentlicht.
Trotz des Inkrafttretens der Maßnahme verzeichnete das Land nur einen leichten Zulauf bei den Impfungen. Die Impfquote in Österreich liegt mit rund 70 Prozent weiterhin unter jener Spaniens oder Frankreichs.
Der Arbeiter-Samariter-Bund (ASBÖ), der einige Impfstellen in der Hauptstadt Wien betreut, verzeichnete eigenen Angaben zufolge einen leichten Anstieg von etwa neun Prozent im Vergleich zur vergangenen Woche, wie Geschäftsführer Michael Hausmann der Nachrichtenagentur AFP sagte. Von den durchschnittlich rund 7000 Dosen, die täglich in Wien verabreicht werden, handle es sich nur in zehn Prozent der Fälle um eine Erstimpfung.
Mehr als 60 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher unterstützen laut einer aktuellen Umfrage die Maßnahme. Große Teile der Bevölkerung sind jedoch weiterhin dagegen. Seit der Ankündigung des Gesetzes waren regelmäßig zahlreiche Menschen auf die Straße gegangen, um dagegen zu protestieren.
Die 33-jährige Buchhalterin Erika Viskancove ließ sich am Samstag bereits ihre dritte Dosis verabreichen. Sie sei überzeugt davon, dass das Gesetz der beste Weg im Kampf gegen die Pandemie sei, sagte sie der Nachrichtenagentur AFP. Andere Länder müssten dem Beispiel Österreichs folgen.
Melanie, eine 23-jährige Kellnerin, die ihren Nachnamen nicht nennen wollte, sagte hingegen, sie habe sich hauptsächlich deshalb impfen lassen, weil sie nicht zu Hause eingesperrt sein wolle. Menschen ohne eine Corona-Impfung dürfen in Österreich derzeit keine Restaurants, Sport- oder Kultureinrichtungen betreten.
Europaweit spielt Österreich durch die Einführung der Impfpflicht eine Vorreiterrolle. Mehrere Staaten verhängten eine teilweise Impfpflicht, darunter das Nachbarland Italien. Dort müssen sich ab 15. Februar alle über 50-Jährigen gegen das Virus immunisieren lassen. In Griechenland ist die Impfung seit Anfang des Jahres für alle über 60-Jährigen Pflicht.
In Deutschland gilt eine Impfpflicht für Mitarbeiter von Krankenhäusern und Pflegeheimen ab dem 15. März. Derweil läuft die Debatte über eine allgemeine Impfpflicht weiter: Der Bundestag diskutierte erstmals am 26. Januar über das Für und Wider eines solchen Schritts. Debattiert werden zurzeit eine allgemeine Pflicht ab 18 Jahren oder eine partielle Impfpflicht ab 50 Jahren. Geplant ist auch ein Antrag, die Impfpflicht abzulehnen. Eine Entscheidung steht noch aus.
Quelle: AFP