Stille Proteste in Myanmar am Jahrestag des Militärputsches

Zahlreiche Menschen in Myanmar haben am Jahrestag des Putsches ihren Widerstand gegen die Militärjunta mit einem “stillen Streik” und anschließendem Klatschen zum Ausdruck gebracht. Die Wirtschaftsmetropole Yangon war am Dienstag nahezu menschenleer und viele Geschäfte blieben geschlossen. Die UNO rief die internationale Gemeinschaft zu Finanzzusagen für Millionen von Armut betroffene Myanmarer auf.

Die Militärführung hatte vor dem Jahrestag angeordnet, dass die Geschäfte geöffnet bleiben sollten. Aber die Straßen von Yangon leerten sich am Vormittag, ähnlich sah es in Mandalay und der südlichen Region Tanintharyi aus. “Das Schweigen ist der lauteste Schrei gegen die Soldaten und ihre blutige Repression”, schrieb eine Oppositionelle im Kurzbotschaftendienst Twitter. 

In den Online-Netzwerken verbreiteten sich Aufnahmen von Menschen, die zu Hause geblieben waren statt zur Arbeit zu gehen und zum Zeichen des Protests drei Finger in die Höhe hielten. Am Nachmittag war in mehreren Vierteln von Yangon und Mandalay Applaus zu hören, mit dem der “stille Streik” aufgelöst wurde. 

Vor dem Jahrestag hatte die Junta gewarnt, dass solche Aktionen als Landesverrat gewertet und mit langen Haftstrafen bestraft werden könnten. Junta-Chef Min Aung Hlaing sicherte den Menschen indessen “freie und gerechte” Wahlen zu, sobald die Lage “befriedet und stabilisiert” sei. Laut örtlichen Medienberichten wurden zehn Menschen festgenommen, weil sie an den Klatsch-Protesten in Yangon teilgenommen hatten.

Die Behörden stellten derweil nicht datierte Videos zur Verfügung, in denen zu sehen war, wie Anhänger der Junta offenbar an Gegendemonstrationen teilnahmen und die Nationalflagge schwenkten. Die Aufnahmen ließen sich von unabhängiger Seite zunächst nicht verifizieren.

Seit dem Staatsstreich und der Absetzung der damaligen De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi wurden mehr als 1500 Zivilisten getötet, rund 9000 sind nach Angaben einer örtlichen Beobachtungsstelle inhaftiert. Die 76-jährige Suu Kyi steht an einem unbekannten Ort unter Hausarrest. Gegen sie wurde bereits eine sechsjährige Haftstrafe verhängt. In weiteren Verfahren muss sie mit jahrzehntelangen Haftstrafen rechnen.

Die USA verhängten zusammen mit Großbritannien und Kanada neue Sanktionen gegen die Machthaber in Myanmar. Sie betreffen insbesondere Generalstaatsanwalt Thida Oo, den Präsidenten des Obersten Gerichtshofs, Tun Tun Oo, und den Leiter des Anti-Korruptions-Ausschusses, Tin Oo. US-Präsident Joe Biden wandte sich in einer Rede an die Bevölkerung Myanmars: “Wir haben euren Kampf nicht vergessen”, betonte er.

Die UNO forderte die internationale Gemeinschaft am Dienstag zu humanitärer Hilfe für die Bevölkerung von Myanmar auf. Notwendig seien 826 Millionen Dollar (733 Millionen Euro), um 6,2 Millionen besonders betroffene Myanmarer zu unterstützen – eine Rekordsumme. Insgesamt leben nach UN-Schätzungen 25 Millionen der 54 Millionen Myanmarer in Armut.

Der UN-Sonderberichterstatter für Myanmar, Tom Andrews, bezeichnete es zudem als “inakzeptabel”, dass der UN-Sicherheitsrat ein Jahr nach dem Putsch noch immer kein “umfassendes Waffenembargo” verhängt habe. 

Die selbsternannte Schattenregierung von Myanmar wurde derweil am Dienstag für den Friedensnobelpreis nominiert. Die Nationale Einheitsregierung (NUG) sei “die einzige legitime Regierung in Myanmar”, sagte der norwegische Parlamentsabgeordnete Ola Elvestuen, der die NUG für die Auszeichnung vorgeschlagen hatte. “Sie hält die demokratischen Institutionen und Prinzipien über Wasser.” Die NUG war im vergangenen April von untergetauchten oder im Exil lebenden Abgeordneten gebildet worden. Viele Mitglieder gehören Suu Kyis Partei an.

Quelle: AFP

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