Lehrerverbandschef kritisiert ausgesetzte Präsenzpflicht in Berlin

Abgeschlossenes Schultor

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, hält die Aussetzung der Präsenzpflicht an Berliner Schulen für problematisch. “Die Aussetzung der Präsenzpflicht ist eine Notmaßnahme, die viele Kollateralschäden beinhaltet”, sagte Meidinger der “Welt”.

“Die Hoffnung ist jetzt, dass nur die Kinder zu Hause bleiben, die auch von ihren Eltern unterstützt werden. Unsere Erfahrungen sind leider andere. Oft fehlen ausgerechnet die Kinder, die den Kontakt am dringendsten notwendig hätten, weil sie aus schulfernen Haushalten kommen.” Die Lehrkräfte seien bereits mit der Vorbereitung des normalen Unterrichts ausgelastet. “Die zusätzliche Zeit, auch die Schüler zu Hause noch mit Arbeitsmaterial zu versorgen, haben sie in der Regel nicht.” Die Folge sei eine starke Beeinträchtigung des Lernprozesses – nicht nur bei den Kindern, die fehlen, sondern auch bei denen, die in der Schule sind. “Denn auch da muss man ja kürzertreten, um die anderen mitführen zu können”, sagte Meidinger. “Eigentlich sind wir gerade in der Phase, wo wir Aufholprogramme anbieten wollen für die, die abgehängt wurden. Das kann man jetzt komplett vergessen.” Auch das Deutsche Kinderhilfswerk zeigt sich alarmiert. “Die Aussetzung der Präsenzpflicht führt letztlich dazu, dass die besser Situierten ihre Kinder aus der Schule nehmen können und Urlaub auf Gran Canaria machen, und die anderen gehen in die Schule und fragen sich, wo ihre Klassenkameraden sind”, sagte Geschäftsführer Holger Hofmann. Er befürchte zudem, dass durch den Gruppendruck auch Kinder der Schule fernbleiben, die dringend Präsenzunterricht bräuchten.

“Die Bildungsnachteile bestimmter Kinder und Jugendlicher werden dadurch noch verstärkt”, sagte Hofmann. “Statt den Eltern zu überlassen, ob ihre Kinder zur Schule kommen, sollten wir lieber daran arbeiten, die Schulen sicherer zu machen. Hier haben Politik und Verwaltung bisher leider versagt.”

dts Nachrichtenagentur

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