Die Nato verstärkt im Ukraine-Konflikt mit Russland ihre Militärpräsenz in Osteuropa: Das Bündnis erklärte am Montag, eine Reihe von Mitgliedstaaten wollten zusätzliche Kampfflugzeuge und Marineschiffe in die Ostsee und osteuropäische Länder wie Litauen, Rumänien und Bulgarien entsenden. Der Kreml warf der Nato daraufhin eine Verschärfung der Lage vor. Die USA, Großbritannien und Australien kündigten den teilweisen Abzug ihres Botschaftspersonals aus der Ukraine an.
Die Nato erklärte, die Verbündeten setzten ihre Truppen in Bereitschaft und verstärkten ihre Maßnahmen zur Abschreckung und Verteidigung, “während Russland seine militärische Aufrüstung in und um die Ukraine fortsetzt”. In den vergangenen Tagen hatten demnach Frankreich, Spanien, Dänemark und die Niederlande eine Aufstockung ihrer Militärpräsenz im Osten angekündigt. Auch die USA prüfen den Angaben zufolge eine Verstärkung ihres Militärs in östlichen Bündnis-Ländern.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow verurteilte den Schritt: “Die Spannungen werden durch die Ankündigungen und konkreten Maßnahmen der USA und der Nato verschärft.” Russland hat in den vergangenen Wochen mehr als 100.000 Soldaten an der ukrainischen Grenze zusammengezogen. Der Westen befürchtet einen russischen Angriff auf das Nachbarland. Moskau dementiert dagegen jegliche Invasionspläne und fordert seinerseits schriftliche Zusicherungen von der Nato, dass sie etwa auf eine fortgesetzte Osterweiterung verzichtet.
Die USA, Großbritannien und Australien wollen wegen der Spannungen nun einen Teil des Botschaftspersonals aus der Ukraine abziehen. Das US-Außenministerium ordnete an, die Familien der US-Diplomaten in der Hauptstadt Kiew sollten das Land verlassen. Zudem rieten die USA ihren Bürgern von Reisen nach Russland dringend ab.
Das britische Außenministerium teilte mit, einige Mitarbeiter der Botschaft und ihre Angehörigen zögen sich aus Kiew zurück. Auch Australien kündigte die Rückholung nicht unbedingt benötigter Mitarbeiter der Botschaft an.
Frankreich zog seine Diplomaten nicht ab, empfahl jedoch, auf nicht notwendige Reisen in die Ukraine zu verzichten. Von Reisen in die Grenzgebiete im Norden und Osten des Landes werde “ausdrücklich abgeraten”, hieß es in den aktualisierten Reisehinweisen des Außenministeriums.
Die EU reagierte zurückhaltend auf diese Ankündigungen: Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell betonte, solange die diplomatischen Gespräche mit Moskau andauerten, gebe es für die EU keinen Grund “zur Dramatisierung”. Die Europäer bereiteten für den Fall eines Angriffs auf die Ukraine aber weiter ein “starkes Sanktionspaket” vor. Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj rief die EU-Mitgliedstaaten angesichts der Bedrohung aus Russland zur Geschlossenheit auf.
Die EU-Außenminister verurteilten in einer gemeinsamen Erklärung “das weiterhin aggressive Vorgehen Russlands und die Drohungen gegen die Ukraine”. Sie warnten Moskau erneut, dass jeder militärische Angriff auf die Ukraine “massive Konsequenzen und einen hohen Preis” hätte. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen kündigte eine Aufstockung der finanziellen Unterstützung für die Ukraine um 1,2 Milliarden Euro an.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) machte in Brüssel deutlich, dass sie einen Abzug des deutschen Botschaftspersonals derzeit nicht für sinnvoll halte: “Wir dürfen nicht zu einer weiteren Verunsicherung der Lage beitragen”, warnte sie. Familienangehörige von deutschen Diplomaten können das Land aber freiwillig verlassen, wie das Auswärtige Amt mitteilte.
Die Lufthansa änderte unterdessen “aus operativen Gründen” ihren Flugplan in die Ukraine. Ein Sprecher betonte, die Fluggesellschaft fliege das Land “weiterhin bis zu dreimal täglich” an. Auf Nachfrage zu den Gründen erklärte er: “Wir möchten das nicht weiter einordnen.”
Die Bundesregierung setzt nach Baerbocks Worten auf eine Fortsetzung der diplomatischen Initiativen. Unter anderem ist zwischen Russland und der Ukraine ein Vermittlungstreffen von Deutschland und Frankreich im sogenannten Normandie-Format geplant.
Der britische Premierminister Boris Johnson warnte Russland im Fall eines Einmarschs in die Ukraine vor einem langwierigen und gewalttätigen Konflikt. Bei einer Invasion der Ukraine drohe ein “neues Tschetschenien”, sagte er unter Verweis auf den blutigen Konflikt zwischen der Region und Russland in den 90er Jahren.
Quelle: AFP