Nach britischen Komplottvorwürfen gegen Moskau hat die Ukraine ein entschlossenes Vorgehen gegen russische Einflussnahme und Destabilisierungsversuche angekündigt. Kiew werde die “Zerschlagung jeglicher oligarchischer oder politischer Strukturen” fortsetzen, die auf eine Destabilisierung der Ukraine abzielen oder Russland “unterstützen”, erklärte ein ukrainischer Regierungsberater am Sonntag auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP. Das russische Außenministerium wies den Vorwurf der Briten als “Desinformation” und “Unsinn” zurück.
Das britische Außenministerium hatte am Samstag erklärt, Hinweise auf ein Komplott Moskaus zur Einsetzung einer pro-russischen Führung in Kiew gefunden zu haben. Demnach stehen mehrere ehemalige ukrainische Politiker “in Kontakt mit russischen Geheimdienstmitarbeitern, die derzeit in die Planung eines Angriffs auf die Ukraine verwickelt sind”, erklärte London.
Als möglicher pro-russischer Präsident für die Ukraine gilt demnach der ehemalige Abgeordnete Jewgeni Murajew. Er präsentiert sich als unabhängig und wirft der ukrainischen Regierung vor, sich vom Westen bevormunden zu lassen. Seine Partei Naschi (“Unsere”) war bei den Wahlen 2019 an der Fünfprozenthürde gescheitert. Murajew soll hinter dem ukrainischen Fernsehsender Nasch stehen, der im vergangenen Jahr wegen der Verbreitung pro-russischer Propaganda behördlich abgeschaltet wurde.
Murajew forderte am Sonntag eine neue politische Führung. “Die Ukraine braucht neue Politiker, deren Politik auf den Prinzipien der nationalen Interessen der Ukraine und der ukrainischen Bevölkerung beruht”, erklärte er auf seiner Facebook-Seite.
Die weiteren von London genannten Politiker mit mutmaßlichen Verbindungen nach Russland sind Mykola Asarow, Sergej Arbusow, Andrej Klujew und Wolodymyr Siwkowitsch. Asarow war unter dem pro-russischen Ex-Präsidenten Viktor Janukowitsch Ministerpräsident, beide flohen 2014 nach Russland. Arbusow und Klujew waren unter Janukowitsch Vize-Regierungschefs. Gegen Siwkowitsch, Ex-Mitglied des ukrainischen nationalen Rates für Sicherheit und Verteidigung, verhängten die USA vor wenigen Tagen Sanktionen wegen des Verdachts der Zusammenarbeit mit russischen Geheimdiensten.
Der Kreml verfolge seit einiger Zeit die Strategie, Menschen aus Wirtschaft oder Politik auszuwählen und diese dann zur “Förderung der russischen Interessen” einzusetzen, sagte Mykhailo Podolyak, Berater des Stabschefs von Ukraines Staatschef Wolodymyr Selenskyj. “Diese britischen Informationen folgen eindeutig dieser logischen Kette.”
Das Außenministerium in Moskau wies den Vorwurf der Briten als gezielte Falschinformation zurück. Die vom britischen Außenministerium “verbreitete Desinformation” sei ein “weiteres Zeichen, dass es die von den angelsächsischen Nationen angeführten Nato-Mitglieder sind, welche die Spannungen um die Ukraine verschärfen”, erklärte das Ministerium auf Twitter. Es forderte London auf, “die Verbreitung von Unsinn zu stoppen”.
Die britische Außenministerin Liz Truss erklärte auf Twitter, die vorliegenden Informationen “werfen ein Licht auf das Ausmaß der russischen Aktivitäten mit dem Ziel, die Ukraine zu stürzen, und geben einen Einblick in die Denkweise des Kreml”.
Das Weiße Haus bezeichnete “diese Art der Verschwörung” als “zutiefst beunruhigend”. Das ukrainische Volk habe “das souveräne Recht, seine eigene Zukunft zu bestimmen”, erklärte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats der USA, Emily Horne.
Russland hat in den vergangenen Wochen nach ukrainischen und westlichen Angaben mehr als 100.000 Soldaten sowie Panzer, Militärfahrzeuge, Artillerie und Raketen an der ukrainischen Grenze zusammengezogen. Der Westen befürchtet deshalb einen russischen Großangriff auf das Nachbarland. Der Kreml dementiert Pläne für einen Einmarsch.
Der Vorwurf einer angeblichen Verschwörung Moskaus erfolgte zum Ende einer Woche intensiver internationaler Krisendiplomatie. Nach Gesprächen in Kiew und Berlin hatte sich US-Außenminister Antony Blinken am Freitag in Genf mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow auf eine Fortsetzung der diplomatischen Bemühungen in der Ukraine-Krise geeinigt.
Frankreichs Europa-Staatssekretär Clément Beaune forderte direkte Gespräche zwischen der EU und Russland. Notwendig sei ein “organisierter, regelmäßiger Dialog” zwischen Brüssel und Moskau. Putin setze auf Gespräche mit den USA, weil dies an den Kalten Krieg erinnere und Russlands Stellung als “Supermacht” untermauere, sagte Beaune. Auch ziele Putin darauf ab, die Europäer zu “spalten”.
Quelle: AFP