Der Intensivmediziner Uwe Janssens, der bis 2020 Präsident der Deutschen Interdisziplinären Gesellschaft für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) gewesen ist, fordert eine stärkere Erfassung und Bündelung von Krankenhausdaten. “Ich würde zum Beispiel sehr gerne wissen, wie viele Vorsorgeuntersuchungen und Operationen im Vergleich zu vor Corona überhaupt noch durchgeführt werden. Wir haben keinerlei Daten über die Kollateralschäden dieser Pandemie”, sagte Janssens der “Welt”.
“Dabei hat das doch enorme Auswirkungen auf den Verlauf der Gesundheit in der Gesamtbevölkerung für die kommenden Jahre.” “Es gibt unglaubliche Restriktionen, was die Erfassung von Daten betrifft. Das fängt an mit der Frage, welche Behandlungen wir in Deutschland überhaupt durchführen und wie oft”, so der Intensivmediziner, der auch Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) ist. “Die einzelnen Krankenkassen verfügen über eine Fülle von patientenbezogenen Daten, die aber oft nicht anonymisiert veröffentlicht, geschweige denn zusammengeführt werden. Diese Informationen werden aber dringend für eine Analyse der aktuellen epochalen Pandemie benötigt”, so der Intensivmediziner. Auf die Frage, woran die Zurückhaltung seiner Ansicht nach liege, sagte Janssens: “In erster Linie am Datenschutz. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Professor Kelber wird sich natürlich über meine vielleicht etwas überspitzte Ansicht nicht freuen. Aber es kann doch nicht sein, dass all diese Daten in einer Art Hochsicherheitstrakt liegen, an den um nichts auf der Welt ein Mensch ran darf”, monierte der Intensivmediziner.
“Wir als Gesellschaft sollten ein großes Interesse daran haben, diese Patientendaten anonymisiert für aktuelle wissenschaftliche Analysen zur Verfügung zu stellen, um schnelle, präzise Antworten auf die vielen offenen Fragen zu bekommen.”
dts Nachrichtenagentur