Nach der Krisen-Diplomatie der vergangenen Tage sieht Russland vorerst keine Notwendigkeit für weitere Gespräche mit dem Westen über den Ukraine-Konflikt. Dies betonte der russische Vize-Außenminister Sergej Rjabkow am Donnerstag noch während die EU-Verteidigungs- und Außenminister im französischen Brest über eine harte Haltung berieten. Vertreter der EU-Staaten verlängerten in Brüssel um weitere sechs Monate die Wirtschaftssanktionen gegen Russland, die 2015 nach der Annexion der Krim verhängt worden waren.
“Ich sehe keinen Grund, sich in den kommenden Tagen zusammenzusetzen und wieder die gleichen Diskussionen zu beginnen”, sagte Rjabkow dem russischsprachigen Sender RTVI. Er warf den westlichen Partnern fehlende “Flexibilität” vor, um Verhandlungen über “ernste Themen” zu führen. Laut dem russischen Außenminister Sergej Lawrow hat der Westen für kommende Woche schriftliche Antworten auf die Forderungen Moskaus zugesagt.
Sowohl die USA als auch die Nato haben in dieser Woche Gespräche mit Russland geführt, um die Spannungen in der Ukraine-Krise abzubauen. Zwei Gesprächsrunden, am Montag in Genf und am Mittwoch in Brüssel, brachten jedoch keinen Durchbruch.
Den Westen treibt angesichts eines massiven russischen Truppenaufmarschs an der Grenze zur Ukraine die Sorge um, dass Russland nach der Annexion der Krim 2014 derzeit einen Einmarsch im Nachbarland vorbereitet. Dies weist der Kreml kategorisch zurück. Gleichzeitig fordert er von den USA und der Nato Abkommen, mit denen eine Osterweiterung der Nato sowie die Errichtung von US-Militärstützpunkten in Staaten der ehemaligen sowjetischen Einflusssphäre untersagt werden sollen.
Zu einer dritten Gesprächsrunde traf sich am Donnerstag die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Wien, zu der auch Russland gehört. Bei der Eröffnung betonte Generalsekretärin Helga Schmid die “Dringlichkeit”, den Dialog über die Sicherheit in Europa wieder aufzunehmen. Angesichts einer “unberechenbaren Umgebung” müsse die “Eskalation gestoppt und mit dem Wiederaufbau von Vertrauen, Transparenz und Zusammenarbeit begonnen” werden.
Die verlängerten Wirtschaftssanktionen gegen Russland gelten nun bis Ende Juli, wie der EU-Rat mitteilte. Senatoren der Demokratischen Partei von US-Präsident Joe Biden hatten am Mittwoch mit schwerwiegenden Konsequenzen für den Fall gedroht, dass Russland in die Ukraine einmarschieren sollte – darunter Sanktionen gegen Russlands Präsident Wladimir Putin und russische Banken sowie 500 Millionen Dollar an neuer Hilfe für die Sicherheit der Ukraine.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow bezeichnete den Sanktions-Entwurf als “äußerst negativ” und warnte die USA nachdrücklich vor Strafmaßnahmen gegen Putin. “Die Verhängung von Sanktionen gegen ein Staatsoberhaupt würde eine Grenze überschreiten, das käme einem Abbruch der Beziehungen gleich”, sagte er. Der Kreml-Sprecher nannte die jüngsten Gespräche mit dem Westen zudem “erfolglos”.
Unterdessen sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin, es sei wichtig, dass “der Versuch unternommen wird, einen konstruktiven Weg zu entwickeln”. Es müsse “unsere gemeinsame Aufgabe sein, alles dafür zu tun, dass diese Situation deeskaliert wird”.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) drang in Brest auf ein europäisches Signal der Geschlossenheit gegenüber Russland: “Wir machen hier deutlich, dass es Sicherheit in Europa nur gemeinsam mit Europa geben kann und wir hier geschlossen auftreten”, sagte sie beim Treffen mit ihren EU-Kollegen. Sie plädierte für “eine Rolle, die auf Härte, aber auch auf Dialog setzt”.
Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn warnte Russland vor einem Angriff auf die Ukraine: “Wenn militärisch etwas passiert, sind für 20 Jahre wieder alle Türen geschlossen”, sagte Asselborn. “Das kann nicht im Interesse Russlands sein.”
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell kündigte an, die Europäer wollten ukrainische Offiziere künftig auch zur Abwehr von Cyber-Angriffen ausbilden. “Es handelt sich um eine Ausbildung auf hohem Niveau für Führungskräfte der ukrainischen Armee”, sagte Borrell in Brest.
Quelle: AFP