Aus Protest gegen die als chaotisch empfundene Corona-Politik an Schulen sind Lehrer, Eltern und Oppositionspolitiker in Frankreich auf die Straße gegangen. Nach Gewerkschaftsangaben war landesweit jede zweite Grundschule am Donnerstag geschlossen. “Die Regierung kündigt Regeln an, ohne darüber nachzudenken, was das in der Praxis bedeutet”, sagte Olivier Flipo, ein Schuldirektor in Val d’Oise, der Nachrichtenagentur AFP.
Tatsächlich wurde das Protokoll für die Schulen seit dem Ende der Weihnachtsferien bereits mehrfach geändert. Etwa 75 Prozent der Grundschullehrer beteiligten sich nach Gewerkschaftsangaben am Streik. Die Behörden gehen von etwa 39 Prozent aus. In zahlreichen französischen Städten gab es zudem Demonstrationen. Im Unterschied zu früheren Lehrer-Streiks hatten sich dieses Mal fast alle Gewerkschaften verbündet. Sie wurden zudem von Verbänden der Elternvertreter und von Schulleitern unterstützt.
“Es ist wirklich anstrengend; ich verstehe, dass die Lehrer die Nase voll haben. Die Schulleiterin muss sicher jedes Wochenende durcharbeiten”, sagte François Lordenimus, Elternvertreter im südfranzösischen Caluire-et-Cuire (Rhône).
Mehrere Oppositionspolitiker solidarisierten sich mit den Streikenden. “Der Streik ist völlig berechtigt. Die Regierung macht den Lehrern und Schülern nur das Leben schwer”, erklärte der rechtsextreme Präsidentschaftskandidat Eric Zemmour. Die sozialistische Präsidentschaftskandidatin Anne Hidalgo nahm an einer Protestkundgebung in Paris teil.
Viele Schuldirektoren und Lehrer beschweren sich, dass sie erst in letzter Minute über die Änderungen informiert werden. Den Verzicht auf das Schließen von Klassen auch bei mehreren positiven Fällen etwa hatte Bildungsminister Jean-Michel Blanquer am letzten Ferientag in zunächst einem Zeitungsinterview bekannt gegeben, das im Internet mit einer Bezahlschranke versehen war.
Viel Kritik gab es auch, als Eltern von Schulkindern in den vergangenen Tagen reihenweise tagsüber von der Arbeit geholt wurden, um ihre Kinder in einer Apotheke testen zu lassen – was oft nur mit langen Wartezeiten möglich war. Mit einem negativen Test durften die Kinder dann wieder zurück in die Schule. Ab Freitag sollen Selbsttests und eine schriftliche Erklärung der Eltern zum Testergebnis ausreichen.
Im Unterschied zu Deutschland hat Frankreich nie regelmäßige Tests für Schüler eingeführt. Der Einsatz von FFP2-Masken für Lehrer oder von Luftfiltern für Klassenräume wird kaum in der Öffentlichkeit debattiert.
Quelle: AFP