Zwei Monate nach dem Putsch sind im Sudan erneut zehntausende Menschen gegen die Militärregierung auf die Straße gegangen. In der Hauptstadt Khartum zogen die Demonstranten ungeachtet eines Großaufgebots an Sicherheitskräften und gekappter Internet- und Telefonverbindungen zum Präsidentenpalast. Dort wurden sie mit Tränengas beschossen, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichtete. Auch in anderen Städten gab es Proteste.
In Khartum zogen die Demonstranten singend und trommelnd durch die Straßen. Sie riefen die Soldaten auf, “zurück in die Kasernen” zu gehen. Ein AFP-Journalist sah mehrere Verletzte, die von anderen Demonstranten abtransportiert wurden. Nach Angaben des Zentralkomitees sudanesischer Ärzte beschossen die Sicherheitskräfte auch Krankenhäuser mit Tränengas. Am Abend zogen sich die Demonstranten schließlich zurück.
“Wir werden erst aufhören zu demonstrieren, wenn wir eine zivile Regierung haben”, sagte eine Teilnehmerin während des Protestzugs durch Khartum. Demonstrationen wurden auch aus Wad Madani südlich von Khartum sowie aus den Städten Atbara im Norden und der Küstenstadt Bur Sudan gemeldet.
Um die Demonstrationen zu verhindern, hatte die Militärregierung zuvor das Internet und das Telefonnetz lahmgelegt. Schon seit Freitagabend waren die Brücken, die Khartum mit den Städten Omdurman und Nord-Khartum auf der anderen Seite des Nils verbinden, gesperrt. Sicherheitskräfte blockierten auch die Hauptstraßen im Stadtzentrum.
In der Nähe des ehemaligen UN-Logistikstützpunkts Al-Faschir im Nord-Darfur kam es zu Plünderungen und Gewalt, wie die UNO in einer Erklärung verurteilte. “Dieser neue Vorfall und die Schäden sind eine Tragödie für die sudanesischen Gemeinden, die von großen Mengen an Ausrüstung und Vorräten profitiert haben, die von den Vereinten Nationen für die zivile Nutzung gespendet wurden”, sagte Farhan Haq, stellvertretender Sprecher des Generalsekretärs.
Die UNO hatte die Einrichtung erst am Dienstag an den Staat übergeben. Haq rief die Behörden auf, die Sicherheit der Mitarbeiter der ehemaligen Friedensmission in Darfur zu gewährleisten.
Sudans oberster General Abdel Fattah al-Burhan hatte am 25. Oktober den Ausnahmezustand verhängt und die Regierung abgesetzt, die nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Omar al-Baschir im April 2019 den Übergang zu demokratischen Wahlen hatte leiten sollen. Nach Massendemonstrationen und internationalem Protest setzte al-Burhan Regierungschef Abdullah Hamdok vier Wochen später wieder ein. Wie viel Macht Hamdok seit seiner Wiedereinsetzung tatsächlich besitzt, ist jedoch unklar.
Bei der gewaltsamen Auflösung von Protesten wurden nach Angaben von Ärzten seit Ende Oktober mindestens 48 Menschen getötet. Die Sicherheitskräften gingen unter anderem mit Tränengas und scharfer Munition gegen die Protestierenden vor. Die Demonstranten haben bereits angekündigt, am 30. Dezember erneut auf die Straßen gehen zu wollen.
Quelle: AFP