Baerbock will mehr Ausreisemöglichkeiten für schutzbedürftige Afghanen schaffen

Copyright AFP/Archiv Ina FASSBENDER

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) will die Ausreisemöglichkeiten für besonders schutzbedürftige Afghanen und Afghaninnen erweitern. Etwa 15.000 Menschen, die eine Aufnahmezusage von Deutschland hätten, befänden sich noch in dem Land, sagte Baerbock am Donnerstag bei der Vorstellung eines Aktionsplans für Afghanistan in Berlin. Diese Menschen in Sicherheit zu bringen, habe für die Bundesregierung höchste Priorität.

Unter der Herrschaft der radikalislamischen Taliban litten vor allem Frauen und Mädchen, betonte Baerbock. Für sie zähle “in diesen Tagen jeder Tag”. 

Die Außenministerin kündigte eine stärkere Vernetzung mit zivilgesellschaftlichen Akteuren in Afghanistan an, um die Ausreise der schutzbedürftigen Afghaninnen und Afghanen mit deutscher Aufnahmezusage zu beschleunigen. Darüber hinaus soll es nach ihren Worten einen “neuen Anlauf” in den Gesprächen mit den Nachbarstaaten Afghanistans über zusätzliche Ausreiserouten geben.

Bisher konnte die Bundesregierung im Rahmen ihres Evakuierungsprogramms schutzbedürftige Menschen nur über Katar und Pakistan ausfliegen. Seit der Machtübernahme der Taliban im August seien mit Hilfe der Bundesregierung mehr als 10.000 Menschen ausgereist, 5300 von ihnen im Zuge der militärischen Evakuierung, sagte Baerbock.

Nach ihren Angaben befinden sich in Afghanistan weiterhin auch noch 135 deutsche Staatsbürger. Sie seien “auch aufgrund individueller Umstände” noch nicht ausgereist.

Baerbock verwies auch auf die Not der breiten Bevölkerung in Afghanistan. Das Land steuere “vor unseren Augen in die größte humanitäre Katastrophe unserer Zeit”. Große Teile der Wirtschaft seien seit der Machtübernahme der Taliban zusammengebrochen, bereits jetzt hungerten viele Menschen. 

Um den Menschen in Afghanistan in dieser katastrophalen Lage besser helfen zu können und eine direkte Lageeinschätzung vornehmen zu können, wolle die Bundesregierung schon bald wieder mit eigenem Personal in dem Land vertreten sein, sagte Baerbock. Ziel sei es, bereits im nächsten Jahr “wieder vor Ort arbeitsfähig” zu sein. 

“Das bedeutet keine politische Legitimierung oder gar Anerkennung des Taliban-Regimes”, unterstrich die Grünen-Politikerin. “Wir sind den Menschen in Afghanistan verpflichtet – nicht den Taliban.” Angesichts der Situation stelle sich für sie selbst die Frage nach einer baldigen Reise nach Kabul derzeit nicht, sagte Baerbock.

Den jüngsten Beschluss des UN-Sicherheitsrats, humanitäre Hilfe für Afghanistan zu erleichtern, begrüßte Baerbock. Am Mittwoch hatte das UN-Gremium einer von den USA vorgelegten Resolution einstimmig zugestimmt, mit der die Auszahlung von Fonds und Guthaben sowie die Bereitstellung von Gütern und “notwendigen Dienstleistungen” trotz der gegen die Taliban verhängten Sanktionen zulässig sind, wenn sie zur Verbesserung der humanitären Lage im Land beitragen. Die Regelung soll zunächst für ein Jahr gelten. 

Mit dem Beschluss des UN-Sicherheitsrats wollen die Staaten auch einer großen Fluchtbewegung aus Afghanistan vorbeugen. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind in diesem Winter 24 Millionen Menschen – und damit mehr als die Hälfte der Bevölkerung – in Afghanistan auf humanitäre Hilfe angewiesen.

Deutschland ist nach den Worten von Baerbock mit 600 Millionen Euro der größte humanitäre Geber in Afghanistan. Die Hilfe erfolge ausschließlich über die Vereinten Nationen und andere unabhängige Organisationen, betonte Baerbock. Auf diese Weise werde sichergestellt, “dass die Hilfe dort ankommt, wo sie am meisten gebraucht wird – und nicht bei den Taliban”. 

Die deutschen Hilfen fokussieren sich demnach auf Projekte von Save the Children in den Provinzen Balch und Kandahar sowie auf die Johanniter Unfallhilfe, die mit Hilfe der deutschen Gelder mobile Kliniken für notleidende Menschen in der Hauptstadt Kabul betreibt.

Quelle: AFP

Aktuelle Beiträge

Exklusiv Interviews

Melden Sie sich für unseren Newsletter an

Ihre E-Mail-Adresse wird nur für Werbe-E-Mails und kritische Nachrichtenankündigungen verwendet.