Mindestlohn von zwölf Euro käme über sieben Millionen Beschäftigten zugute

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Die von der Bundesregierung angekündigte Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro bedeutet für über sieben Millionen Beschäftigte mehr Geld auf dem Konto. Laut Berechnungen des Statistischen Bundesamtes werden knapp 7,2 Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von der Mindestlohnerhöhung profitieren – 92 Prozent der Beschäftigten im Niedriglohnsektor. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger kritisierte die Umgehung der Mindestlohnkommission bei der Festlegung auf zwölf Euro.

Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden erklärte am Montag, im April 2021 habe gut jede und jeder fünfte abhängig Beschäftigte (21 Prozent) im Niedriglohnsektor gearbeitet; 7,8 Millionen Jobs lagen demnach unterhalb der Niedriglohnschwelle. 

Zum Niedriglohnbereich zählen in der Statistik alle Beschäftigungsverhältnisse, die mit weniger als zwei Drittel des mittleren Verdienstes entlohnt werden. Im April 2021 waren das 12,27 Euro pro Stunde. Auszubildende sind dabei nicht berücksichtigt. 

“Das wohlhabende Deutschland hat einen der größten Niedriglohnsektoren Europas”, kommentierte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell die Zahlen. “Das ist ein Armutszeugnis.” Deshalb müsse der gesetzliche Mindestlohn wie von der Bundesregierung versprochen “zügig” auf zwölf Euro pro Stunde angehoben werden. 

Im Vergleich zum aktuellen Mindestlohn erhalte eine Vollzeitkraft bei einem Stundenlohn von zwölf Euro ganze 250 Euro netto im Monat mehr, erläuterte Körzell. “Das sind keine Peanuts.” Klar sei aber auch: Der gesetzliche Mindestlohn könne nur die unterste Haltelinie sein. Wirklich gute Lohn- und Arbeitsbedingungen gebe es nur mit Tarifverträgen.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte am Wochenende angekündigt, den Gesetzentwurf zur Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro als erste Amtshandlung Anfang des neuen Jahres vorzulegen. Von der Erhöhung würden Millionen von Menschen in Deutschland profitieren, und zwar überwiegend Frauen, sagte Heil der “Rheinischen Post”. 

Arbeitgeberpräsident Dulger sagte dem “Handelsblatt” vom Montag, er kritisiere bei der Mindestlohnanhebung “vorrangig” nicht die Höhe von zwölf Euro. “Unsere Kritik bezieht sich darauf, wie hier mit der Mindestlohnkommission umgegangen und wie sie ausgehebelt wird”, sagte der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). 

Eine politische Festsetzung des Mindestlohns entwerte Tarifvertragsverhandlungen und senke die Tarifbindung. Der Mindestlohn dürfe nicht zum Spielball der Politik werden. “Wir warten jetzt ab, was die Ampel auf den Weg bringt – und dann werden wir entsprechend reagieren. Aber der Wortbruch hat viel Vertrauen zerstört.”

Eigentlich ist es Aufgabe der Mindestlohnkommission, die jeweilige Höhe des Mindestlohns festzulegen. In der Kommission sitzen drei von den Arbeitgebern entsandte Vertreter, drei Gewerkschafter, der Vorsitzende sowie zwei nicht stimmberechtigte Wissenschaftler. 

Laut Gesetz ist es Aufgabe des Gremiums, eine “Gesamtabwägung” vorzunehmen. Die festgelegte Höhe soll “zu einem angemessenen Mindestschutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beitragen, faire und funktionierende Wettbewerbsbedingungen ermöglichen sowie Beschäftigung nicht gefährden”. Die Kommission orientiert sich dabei “nachlaufend an der Tarifentwicklung”. 

Quelle: AFP

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