Druck auf türkische Zentralbank wegen starken Kursverfalls der Lira wächst

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Angesichts des anhaltenden Kursverfalls der türkischen Lira und einer galoppierenden Inflation wächst der Druck auf die türkische Zentralbank, das niedrige Zinsniveau zu beenden. Der Unternehmerverband Tüsiad forderte Präsident Recep Tayyip Erdogan am Wochenende zu einer Korrektur seiner Geldpolitik auf. Dieser wandte sich am Sonntagabend erneut gegen eine Leitzinserhöhung. Der Kurs der türkischen Lira fiel daraufhin am Montag um sechs Prozent. 

In einer Erklärung kritisierte Tüsiad politische Entscheidungen, “die nicht nur der Wirtschaft, sondern auch den Bürgern neue Schwierigkeiten bereitet” hätten. Der Verband habe bereits “vor den Risiken einer starken Abwertung der Lira, einer galoppierenden Inflation” sowie einer Gefährdung des Wachstums und des Arbeitsmarkts und einer drohenden “Verarmung unseres Landes” gewarnt.

Es sei nun “dringend geboten, den wirtschaftlichen Schaden zu bewerten und zu den im Rahmen der Marktwirtschaft etablierten ökonomischen Grundsätzen zurückzukehren”, forderte Tüsiad. Der Verband vertritt 85 Prozent der türkischen Exportunternehmen. 

Erdogan reagierte auf die Forderungen von Tüsiad mit einer Gegenattacke. “Sie haben nur eine Aufgabe: Investitionen, Produktion, Arbeitsplätze und Wachstum sicherzustellen”, sagte er in einer am Sonntagabend ausgestrahlten Fernsehansprache an die Adresse des Verbands.

In der Fernsehansprache versprach Erdogan erneut, den starken Anstieg der Verbraucherpreise im Land zu drosseln. “Die Inflation wird sobald wie möglich fallen – so Gott will”, sagte der Präsident.

“Früher oder später” werde die Regierung die Inflation senken, sagte Erdogan am Sonntagabend. Er verwies auf die Zeit, als er sein Amt antrat; damals “haben wir die Inflation auf vier Prozent gesenkt, und wir werden sie wieder senken”. 

Erdogan ist seit August 2014 Präsident. Die Inflationsrate hatte zuletzt im Jahr 2011 bei vier Prozent gelegen. Seit 2017 steigt sie unaufhörlich an. Offiziellen Angaben zufolge liegt sie aktuell bei über 21 Prozent. 

Laut herrschender Ökonomenansicht ist ein Mittel im Kampf gegen stark steigende Verbraucherpreise eine Erhöhung der Leitzinsen, um Geld so knapper zu machen. Davon hält Erdogan allerdings nichts; er möchte über niedrige Zinsen Kredite und Investitionen ankurbeln. Am Sonntagabend sagte er, “ich werde nicht zulassen, dass meine Mitbürger, mein Volk, von Zinsen erdrückt werden”. 

Die türkische Zentralbank hat den Leitzins auf Druck Erdogans seit September mehrfach gesenkt. Aktuell beträgt er 14 Prozent. Die Zentralbank ist nominell unabhängig, seit dem vergangenen Jahr aber zu einem wesentlichen Teil mit Unterstützern und Verbündeten Erdogans besetzt. 

Quelle: AFP

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