Studie: Ärmere Haushalte und Rentner tragen Hauptlast der hohen Inflation

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Die Verbraucherpreise in Deutschland steigen so stark wie seit Jahrzehnten nicht mehr – die Folgen der hohen Inflation bekommen vor allem Arme und Alte zu spüren. Im November lag die Inflationsrate im Vergleich zum Vorjahresmonat bei 5,2 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Freitag seine bisherige Schätzung bestätigte. Die Hauptlast tragen laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) ärmere Haushalte und Rentner.

“Eine höhere Inflationsrate gab es zuletzt vor fast 30 Jahren”, erklärte der Präsident des Bundesamtes, Georg Thiel. Im Juni 1992 hatte die Inflationsrate 5,8 Prozent erreicht, unter anderem durch die Verteuerung bei den Lebenshaltungskosten in Ostdeutschland nach der Wiedervereinigung.

Deutlich teurer als ein Jahr zuvor waren im November vor allem die Energiepreise, was sich für Verbraucherinnen und Verbraucher zuletzt bereits verstärkt an der Tankstelle oder den Kosten fürs Heizen bemerkbar gemacht hatte.

Binnen Jahresfrist legten die Preise für Haushaltsenergie und Kraftstoff nach Angaben der Statistiker um 22,1 Prozent zu. Die Preise für Heizöl verdoppelten sich gar mit einem Plus von 101,9 Prozent. Kraftstoffe wurden ebenfalls merklich teurer und legten gegenüber dem Vorjahresmonat um 43,2 Prozent zu.

Die Preise für Nahrungsmittel stiegen im November gegenüber dem Vorjahresmonat um 4,5 Prozent.

Die Folgen der hohen Inflation bekommen laut der IW-Studie vor allem ärmere Haushalte zu spüren. Für die Studie untersuchten die Ökonomen die Preissteigerung seit 1995 und die Konsumgewohnheiten der Deutschen. Das Ergebnis: Die Lebenshaltungskosten der einkommensärmsten Deutschen sind seit 1995 um fast 34 Prozent gestiegen, die der einkommensreichsten Haushalte dagegen nur um rund 28 Prozent.

Auch für alte Menschen stiegen die Lebenshaltungskosten den Berechnungen zufolge stärker als für Junge: Ein 80-Jähriger mit durchschnittlichem Konsumverhalten zahlt heute demnach knapp 43 Prozent mehr für seinen Lebensstandard als ein vergleichbarer 80-Jähriger im Jahr 1995. Junge Erwachsene im Alter von 18 bis 24 zahlen dagegen nur rund 19 Prozent mehr.

Die Unterschiede lassen sich den IW-Experten vor allem auf unterschiedliche Konsumgewohnheiten zurückführen: Arme Haushalte geben einen großen Teil ihres Einkommens für Miete, Gas, Strom und Lebensmittel aus. Reiche Haushalte kaufen dagegen vergleichsweise viele Elektrogeräte – die sind gemessen an der Qualität günstiger geworden. Von demselben Effekt profitieren auch Jüngere: Sie kaufen mehr Elektronik und leben in kleineren Wohnungen oder Wohngemeinschaften.

Ärmere Haushalte können sich den IW-Experten zudem schlechter vor Preissteigerungen schützen, weil sie einen großen Teil ihres Einkommens für lebensnotwendige Güter wie Wohnen und Lebensmittel ausgehen. “Steigt dort der Preis, gibt es kaum Ausweichmöglichkeiten”, erklären die IW-Experten.

Der Sozialverband VdK forderte angesichts der Entwicklung eine Anhebung des Wohngeldes. Für Menschen mit wenig Geld sei der Anstieg der Energiepreise “gerade jetzt im Winter dramatisch”, sagte VdK-Präsidentin Verena Bentele der “Bild”-Zeitung. “Sparen bedeutet für sie frieren.” Daher müsse die Regierung die Kosten für Heizung, Warmwasser und Strom in das Wohngeld einbeziehen und jährlich erhöhen.

Die Linken-Politikerin Gesine Lötzsch forderte die Bundesregierung auf, die Hartz-IV-Sätze anzuheben, die Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro vorzuziehen und die Mietpreisbremse zu verschärfen. Die steigende Inflation werde “zu einer ernsthaften Bedrohung für die Menschen, die schon jetzt zu wenig zum Leben haben”, kritisierte Lötzsch.

Der CDU-Sozialpolitiker Dennis Radkte zeigte sich offen für die Zahlung eines Energiegelds an Geringverdiener. “Ich habe große Sympathie für die Idee, den Bürgern die Einnahmen aus der CO2-Steuer direkt zur Verfügung zu stellen”, sagte Radkte der “Bild”-Zeitung. So könnten die hohen Heizkosten aufgefangen werden “und niemand müsste frieren”.

Quelle: AFP

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