Die Ex-Ministerin Valérie Pécresse wird als erste Frau für die französischen Republikaner bei der Präsidentschaftswahl antreten. Die eher liberale 54-Jährige setzte sich in der internen Vorwahl der konservativen Partei gegen den stark rechtsgerichteten Abgeordneten Eric Ciotti durch, wie Parteichef Christian Jacob am Samstag mitteilte. Nach aktuellen Umfragen hat Pécresse allerdings wenig Chancen, bei der Präsidentschaftswahl im April in die erwartete Stichwahl zu kommen.
“Die republikanische Rechte ist zurück”, verkündete Pécresse nach ihrem Sieg in der Vorwahl, zu der die 140.000 Parteimitglieder der Republikaner aufgerufen gewesen waren. Pécresse gewann die Stichwahl mit knapp 61 Prozent der Stimmen. Ciotti kam nur auf 39 Prozent und sicherte Pécresse umgehend seine Unterstützung zu.
Pécresse war als Favoritin in die Stichwahl gezogen. Dass sie es in die zweite Runde der Vorwahlen geschafft hatte, war allerdings eine Überraschung gewesen. Denn lange war der frühere Arbeitsminister Xavier Bertrand als Favorit für die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner gehandelt worden. Bertrand und auch der frühere Brexit-Unterhändler der EU, Michel Barnier, scheiterten jedoch in der ersten Runde der Vorwahlen.
Pécresse ist ehemalige Hochschul-Ministerin und war unter Ex-Präsident Nicolas Sarkozy für jeweils weniger als ein Jahr auch Regierungssprecherin und Haushaltsministerin. Derzeit ist sie Regionalpräsidentin der Hauptstadtregion Ile-de-France.
Für Frankreichs Republikaner ist es das erste Mal, dass sie mit einer Frau an der Spitze in den Präsidentschaftswahlkampf ziehen. “Ich denke heute an alle Frauen in Frankreich”, sagte Pécresse in ihrer Siegesrede. “Ich werde alles tun, um zu triumphieren.”
Der Sieg der selbstbewussten Pécresse wird auch im Lager von Präsident Emmanuel Macron, der sehr wahrscheinlich wieder antreten wird, aufmerksam beobachtet werden. “Ich bin die einzige, die gegen Emmanuel Macron gewinnen kann”, hatte Pécresse nach der ersten Runde der Vorwahl angriffslustig erklärt.
Laut den Umfragen ist es bisher aber eher unwahrscheinlich, dass Pécresse es bei der Wahl im April in den zweiten Wahlgang schafft. In einer Umfragen von Ende November lag sie auf dem vierten Platz hinter dem liberalen Amtsinhaber Macron und den beiden Rechtsaußen-Kandidaten Marine Le Pen und Eric Zemmour.
Eine starke republikanische Kandidatin könnte den Wahlkampf aber entscheidend beeinflussen. Die Debatte wird sich vermutlich stark auf die Sicherheits- und Einwanderungspolitik konzentrieren.
“Ich verstehe die Wut eines Volkes, das sich machtlos gegenüber Gewalt, Islamismus und unkontrollierter Einwanderung fühlt”, sagte Pécresse, die die Zuwanderung nach Frankreich unter anderem durch jährlich festzulegende Quoten und strengere Regeln für den Familiennachzug begrenzen will. Auch Macron hat in der Migrationspolitik zuletzt aber einen härteren Kurs eingeschlagen.
Die Rechtspopulistin Le Pen hielt Pécresse am Samstag vor, sie sei die Kandidatin, die Macron am ähnlichsten sei – und warb um die Stimmen “enttäuschter” Anhänger der Republikaner.
Quelle: AFP