Papst Franziskus hat die Europäer bei einem Besuch auf der geteilten Mittelmeerinsel Zypern zur “Einheit” besonders in Fragen der Migration aufgerufen. Das Trennende müsse “überwunden” werden, forderte das katholische Kirchenoberhaupt am Donnerstag in der maronitischen Kathedrale in Nikosia. “Wir müssen uns gegenseitig willkommen heißen und uns integrieren.” Nach Angaben der zyprischen Regierung will Franziskus nach seinem Besuch 50 Migranten mit zurück nach Italien nehmen.
Der zyprische Präsident Nikos Anastasiadis dankte dem Kirchenoberhaupt für diese “symbolische Initiative”. Sie sei ein “starkes Signal” für die Notwendigkeit, die EU-Migrationspolitik zu reformieren. Der Vatikan hat die zyprischen Regierungsangaben zunächst nicht bestätigt.
Das EU-Land verzeichnet derzeit einen starken Anstieg der Ankünfte von Flüchtlingen. Das sei jedoch nicht nur schlecht, sagte Franziskus: In der Vergangenheit hätten viele Migranten die Insel “zu einem echten Treffpunkt verschiedener Ethnien und Kulturen” gemacht.
Das Mittelmeer sei ein Meer “unterschiedlicher Geschichten”, das schon viele Zivilisationen beheimatet habe, sagte das Kirchenoberhaupt weiter. Noch heute träfen am Mittelmeer Menschen, Völker und Kulturen aus allen Teilen der Welt zusammen. Vor seinem zweitägigen Besuch auf Zypern hatte Franziskus das Mittelmeer allerdings als einen “riesigen Friedhof” bezeichnet.
Über das Mittelmeer führen einige der wichtigsten Flüchtlingsrouten für Menschen aus Afrika und Asien, die nach Europa gelangen wollen. Die Überfahrt ist häufig lebensgefährlich. Seit Jahresbeginn sind nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) bereits etwa 1400 Migranten bei dem Versuch, Europa über das Mittelmeer zu erreichen, gestorben. Experten gehen zudem von einer hohen Dunkelziffer aus.
Der Papst war am Nachmittag mit allen Ehren empfangen worden. Es ist der zweite Besuch eines Papstes in der Republik Zypern, deren Bevölkerung mehrheitlich der christlich-orthodoxen Kirche angehört. 2010 hatte der damalige Papst Benedikt XVI. den EU-Mitgliedstaat besucht.
Ersin Tatar, Präsident der international nicht anerkannten Türkischen Republik Nordzypern (TNCR), warf den zyprischen Behörden vor, den Papstbesuch für politische Zwecke im Zypern-Konflikt zu instrumentalisieren. Der Papst warnte hingegen vor “Mauern der Angst” und “nationalistischen Interessen”, die die europäische Zusammenarbeit behinderten: “Der europäische Kontinent braucht Versöhnung und Einheit.”
Am Freitagmorgen ist eine Messe unter Leitung des 84-jährigen Oberhaupts der katholischen Kirche im Stadion von Nikosia vor 7000 Gläubigen geplant. Dort werden vor allem die Mitglieder der lateinischen katholischen Gemeinde Zyperns erwartet. Zu ihren 25.000 Mitgliedern zählen in erster Linie asiatische Gastarbeiter und afrikanische Flüchtlinge. Im Anschluss will der Papst nach Griechenland weiterreisen.
Quelle: AFP