Als Reaktion auf die hohen Corona-Infektionszahlen haben Bund und Länder weitreichende Einschränkungen vor allem für Ungeimpfte beschlossen. In Regionen mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 350 sollen aber auch für Geimpfte und Genesene Kontaktbeschränkungen gelten, wie aus dem am Donnerstag verabschiedeten Beschlusspapier hervorgeht. Der Einzelhandel soll nur noch Geimpften oder Genesenen offenstehen – ausgenommen sind Geschäfte des täglichen Bedarfs wie Supermärkte. An den Schulen wird zudem eine generelle Maskenpflicht eingeführt.
“Sie sehen an den Beschlüssen, dass wir begriffen haben, dass die Lage sehr ernst ist”, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach den Beratungen mit den Länderchefinnen und -chefs. Die vierte Welle der Pandemie müsse gebrochen werden – “das ist bis jetzt noch nicht geschafft”, sagte sie. Daher sei es notwendig, nun weitergehende Maßnahmen zu ergreifen.
Die beschlossenen Maßnahmen seien als “Mindeststandards” anzusehen, sagte die Kanzlerin weiter. Die Länder könnten auch darüber hinaus gehen. Der voraussichtlich nächste Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sagte: “Es geht um eine große nationale Anstrengung und es geht um Solidarität.”
Bund und Länder sprachen sich auch für die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht aus – diese könnte ab Februar 2022 “greifen”, sagte die geschäftsführende Kanzlerin. Sie persönlich halte eine solche Pflicht für “geboten”.
Für Ungeimpfte soll dem Beschluss zufolge bundesweit der Zugang zu Kinos, Theatern und Gaststätten nicht mehr möglich sein – und zwar “inzidenzunabhängig”, wie es in dem Papier heißt. Ergänzend könne auch bei Geimpften und Genesenen für den Zutritt noch ein aktueller Coronatest verlangt werden. Clubs und Diskotheken sollen “spätestens ab einer Inzidenz von mehr als 350 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in sieben Tagen” ganz geschlossen werden.
Für private Zusammenkünfte mit Ungeimpften sollen besonders strenge Kontaktbeschränkungen gelten: Treffen sollen dann auf den eigenen Haushalt sowie höchstens zwei Menschen eines weiteren Haushaltes begrenzt werden – Kinder bis 14 Jahres sind ausgenommen.
Bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 350 sollen alle Kontakte reduziert werden. Das betrifft dann auch Geimpfte und Genesene. Dann sollen dem Beschluss zufolge bei privaten Feiern in Innenräumen maximal 50 Geimpfte und Genesene zusammenkommen dürfen, im Außenbereich liegt die Grenze bei 200.
Generelle Einschränkungen soll es auch bei überregionalen Sport-, Kultur- und vergleichbaren Großveranstaltungen geben. Bei Veranstaltungen in geschlossenen Räumen dürfen nur noch 30 bis 50 Prozent der Kapazität genutzt werden bis zu einer maximalen Gesamtzahl von 5000 Zuschauenden. Bei Veranstaltungen im Freien darf nur 30 bis 50 Prozent der Kapazität genutzt werden bis zu einer maximalen Gesamtzahl von 15.000 Zuschauenden.
Besuchende müssen geimpft oder genesen sein, für sie besteht dann Maskenpflicht. Ergänzend kann ein aktueller Test vorgeschrieben werden. “In Ländern mit einem hohen Infektionsgeschehen müssen Veranstaltungen nach Möglichkeit abgesagt und Sportveranstaltungen ohne Zuschauer durchgeführt werden”, heißt es in dem Beschlusspapier.
Am Silvestertag und am Neujahrstag soll bundesweit ein “An- und Versammlungsverbot” umgesetzt werden, heißt es in dem Beschluss. Darüber hinaus gelte ein Feuerwerksverbot “auf durch die Kommunen zu definierenden publikumsträchtigen Plätzen”.
Vizekanzler Scholz erneuerte seinen Appell, sich impfen zu lassen. Es hätten sich zwar bereits “sehr, sehr viele” Menschen im Land impfen lassen, aber “nicht genügend viele”. Es habe Konsequenzen, “dass ein großer Teil der Bürgerinnen und Bürger sich bisher nicht durchgerungen hat, sich impfen zu lassen”. Das Thema sie für ihn auch “mit viel Emotionen verbunden”, sagte Scholz und verwies auf die schwierige Lage des Personals auf den Intensivstationen.
Quelle: AFP