Vor der Veröffentlichung neuer Inflationszahlen durch das Statistische Bundesamt am Montag hat die Europäische Zentralbank (EZB) erneut bekräftigt, dass der derzeit außergewöhnlich hohe Anstieg der Verbraucherpreise ein vorübergehendes Phänomen sei. “Wir gehen davon aus, dass im November der Höhepunkt der Inflationsentwicklung erreicht ist und dass die Inflation im kommenden Jahr wieder allmählich zurückgehen wird”, sagte EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel im ZDF-“Morgenmagazin”.
Dabei werde sich die Teuerungsrate wieder “in Richtung unseres Inflationsziels von zwei Prozent” bewegen, fügte Schnabel hinzu. Den meisten Prognosen zufolge werde die Inflation sogar unter die Zwei-Prozent-Marke fallen. “Insofern kann man eigentlich keine Hinweise darauf sehen, dass die Inflation außer Kontrolle gerät.”
Mit Blick auf die Möglichkeit einer Straffung der lockereren Geldpolitik durch die EZB sagte Schnabel, dass es im Moment ein Fehler wäre, “Zinsen frühzeitig zu erhöhen und damit den Aufschwung zu bremsen”. Denn dies würde zu erhöhter Arbeitslosigkeit führen und “an der aktuell sehr, sehr hoher Inflation gar nichts mehr ändern”.
Zugleich hob Schnabel hervor, dass sie “sehr gut verstehen” könne, dass viele Menschen sich derzeit Sorgen machten über die Inflation. “Wir merken ja alle, dass vieles um uns herum teurer wird, beim Bäcker oder bei den Heizkosten”, sagte sie im ZDF. Der starke Anstieg habe aber mit der “sehr außergewöhnlichen” wirtschaftlichen Situation in der Corona-Pandemie mit einem enormen Nachfrageanstieg nach Ende der Lockdowns und auch mit statistischen Sondereffekten zu tun.
Ein Teil des Anstiegs der Inflationsrate in den vergangenen Monaten geht darauf zurück, dass es in den jeweiligen Vorjahresmonaten als Vergleichszeitraum ein sehr niedriges Preisniveau gegeben hatte. Inflationstreiber sind aktuell die Energiepreise. Am Montagnachmittag stellt das Statistische Bundesamt seine erste Schätzung für die Teuerungsrate im November vor.
Der Armutsforscher Christoph Butterwegge forderte in der “Süddeutschen Zeitung” vom Montag, dass die Politik angesichts der hohen Inflation einen Ausgleich schaffen müsse. Die Regelsätze für Hartz IV müssten um eine Inflationskomponente erweitert werden, nötig sei zudem ein Heizkostenzuschuss, sagte er der Zeitung.
Die Erhöhung des Mindestlohnes auf zwölf Euro pro Stunde, den die Ampel-Koalition gerade beschlossen hat, sei ein erster Schritt, dem weitere folgen müssten. “Der Trend, dass sich die Kluft zwischen Arm und Reich immer weiter vertieft, wird durch die Inflation beschleunigt”, sagte Butterwegge der Zeitung. Wenn die Geldpolitik es nicht schaffe, diesen Trend durch höhere Zinsen zu stoppen, müsse der Sozialstaat für einen Ausgleich sorgen.
Quelle: AFP