Die im Exil lebende belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja hat die EU-Regierungen aufgerufen, “von jeglichen Kontakten” mit dem belarussischen Staatschef Alexander Lukaschenko abzusehen. Die belarussische Führung müsse zunächst wichtige Forderungen der Opposition erfüllen, bevor ein “echter Dialog” stattfinden könne, sagte sie bei einer Pressekonferenz in Wien am Montag. Sie kritisierte auch die Telefonate, die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der vergangenen Woche wegen der Flüchtlingskrise mit Lukaschenko führte.
“Ich verstehe, warum man das getan hat”, sagte Tichanowskaja zu den Telefongesprächen. Es gehe darum, die Situation an den Grenzen zur EU zu deeskalieren. “Aber als Belarussin und aus der Sicht des belarussischen Volkes sah das sehr seltsam aus”, sagte sie nach einer internationalen Konferenz in Wien zur Lage in Belarus, an der unter anderen die Außenminister Deutschlands, Estlands und Polens teilnahmen.
Lukaschenko müsse zunächst alle politischen Gefangenen freilassen und die Gewalt gegen Opposition und Demonstranten beenden. Sie habe die Außenminister gebeten, “von jeglichen Kontakten mit dem Regime abzusehen, bis diese Bedingungen erfüllt sind”, sagte Tichanowskaja. Sonst würde “nur das Gefühl von Straflosigkeit” für Lukaschenko “verstärkt”. Sie bezeichnete Sanktionen und die Unterstützung der Zivilgesellschaft als den einzigen Weg nach vorn.
Die Bundesregierung und die EU werfen Lukaschenko vor, als Vergeltung für Sanktionen absichtlich Migranten an die Grenzen der EU-Staaten Lettland, Litauen und Polen zu schleusen. Im belarussisch-polnischen Grenzgebiet sitzen derzeit tausende Menschen vor allem aus dem Nahen Osten bei Temperaturen um den Gefrierpunkt fest. Etwa 2000 wurden von den belarussischen Behörden in einem Logistikzentrums in der Nähe der Grenze untergebracht.
Lukaschenko fordert, dass Deutschland diese Migranten aufnehmen soll. Die Bundesregierung weist dies als “nicht akzeptabel” zurück. Lukaschenko kritisierte zudem, die EU sei in dieser Frage nicht gesprächsbereit, obwohl ihm Merkel versprochen habe, dies in der EU zum Thema zu machen. Die Bundesregierung wies diese Darstellung als nicht zutreffend zurück.
Quelle: AFP