Die Auslastung der Krankenhäuser wird nach einem Stufenplan zum Maßstab für verschärfte Corona-Schutzmaßnahmen und Beschränkungen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nannte nach einem Bund-Länder-Gipfel am Donnerstag die Lage in der vierten Corona-Welle “hochdramatisch”. Die Länder drängten “schnellstmöglich” auf eine Impfpflicht für Mitarbeiter in Pflegeheimen und Krankenhäusern. Pflegekräfte sollen wegen ihrer starken Belastung erneut einen Corona-Bonus bekommen.
Die sogenannte Hospitalisierungsinzidenz gibt an, wieviele Menschen je 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen wegen Covid-19 in einem Bundesland ins Krankenhaus mussten. Ab einem Wert von drei gelte in einem Bundesland flächendeckend für Veranstaltungen die 2G-Regel, ab einem Wert von sechs die 2G-Plus-Regel, sagte Merkel. Ab einem Wert von neun sollen noch weitere Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen hinzu kommen.
Die 2G-Regel bedeutet, dass nur Geimpfte und Genesene Zutritt zu Veranstaltungen bekommen. Die ab dem Wert sechs geltende 2G-Plus-Regel hat zur Folge, dass nur Geimpfte und Genesene mit einem aktuellen negativen Corona-Test Zutritt bekommen. Greifen soll dies laut Beschluss an Orten mit besonders hohem Infektionsrisiko wie “Diskotheken, Clubs und Bars”.
Derzeit liegen alle Bundesländer außer Hamburg, Niedersachsen, Schleswig-Holstein und dem Saarland über dem Wert drei. Über dem Wert sechs liegt Bayern. Über dem Wert neun liegen Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Es werde jetzt sehr darauf ankommen, dass schnell und konsequent gehandelt und besser kontrolliert werde, sagte Merkel. “Bei der jetzigen Dynamik laufen wir in eine sehr, sehr schwierige Situation rein”.
Merkel forderte, ab dem Wert neun müsse “das gesamte Instrumentarium der Möglichkeiten eingesetzt werden”. Dazu zählte sie Kontaktbeschränkungen und “verschiedene Einschränkungen”. Bereits für den 9. Dezember wurde ein weiteres Bund-Länder-Treffen vereinbart.
Merkel begrüßte, dass die Ständige Impfkommission nun auch Auffrischungsimpfungen ab 18 Jahren empfiehlt. Dies sei “eine gute Nachricht.” Bund und Länder verpflichteten sich, “jedem ein Angebot zu machen. “Das bedarf einer wirklichen große Kraftanstrengung.” Pläne sollten kommende Woche vorgelegt werden.
Die Bundesländer forderten den Bund “schnellstmöglich” zum Erlass einer Impfpflicht für Mitarbeiter in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen sowie bei mobilen Pflegediensten auf. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sagte nach der Konferenz, alle Länder seien sich in diesem Punkt einig. Es gehe “also um eine Impfpflicht”.
SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz befürwortete die Impfpflicht. Es seien aber noch “Gesetzgebungsarbeit und öffentliche Anhörungen dazu notwendig”.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte für sein Bundesland einen “De-facto-Lockdown für Ungeimpfte” an. Er wolle einen “Wellenbrecher”, sagte er. Die Maßnahmen sollten Anfang nächster Woche in den Landtag eingebracht werden.
Angesichts der anhaltenden Belastungen sollen Pflegekräfte erneut einen finanziellen Bonus erhalten. Die Höhe blieb vorerst offen. Die Länder baten den Bund, die nötigen Finanzmittel bereitzustellen.
Bund und Länder hatten im vergangenen Jahr eine einmalige steuerfreie Zahlung von bis zu 1000 Euro für Beschäftigte in der Altenpflege beschlossen. Länder und Arbeitgeber konnten die Prämie freiwillig um bis zu 500 Euro aufstocken.
Schon am Vormittag hatte der Bundestag das neue Infektionsschutzgesetz beschlossen. Es soll sicherstellen, dass auch nach Auslaufen der epidemischen Notlage am 25. November weiter umfangreiche Corona-Schutzmaßnahmen möglich sind.
Das Gesetz sieht bundesweit eine 3G-Regel für Arbeitsplätze und öffentliche Verkehrsmittel vor, zudem können die Bundesländer Maßnahmen wie Maskenpflicht oder Kontaktbeschränkungen erlassen. Ausgangssperren oder pauschale Schließungen sollen aber nicht mehr möglich sein.
Am Freitag muss der Bundesrat das Gesetz noch billigen. Nach anfänglichem Widerstand aus den Unions-Ländern scheint die Zustimmung nun gesichert. “Wir werden dieses Gesetz unterstützen”, sagte etwa Söder.
Quelle: AFP