In Österreich ist am Montag ein landesweiter Lockdown für Ungeimpfte in Kraft getreten. Er gilt zunächst für zehn Tage für alle Menschen ab zwölf Jahren, die weder über einen Impfnachweis noch über den Nachweis einer in den vergangenen 180 Tagen überstandenen Corona-Infektion verfügen. Vor dem Kanzleramt in Wien hatten sich schon am Sonntag einige hundert Menschen zu Protesten gegen die Maßnahmen versammelt, Massenkundgebungen blieben aber aus.
“Ich finde, das ist schwer einschränkend und diskriminierend”, sagte die 49-jährige Demonstrantin Sabine einem AFP-Reporter. “Arbeiten gehen darf ich, ich darf meine Steuern zahlen, aber den Rest des Tages muss ich zu Hause verbringen.” Es handle sich um eine “große Schweinerei”, sagte eine weitere Demonstrantin. Sie lese seit Monaten keine Zeitungen mehr. “Ich informiere mich selbst. Ich suche wirklich alternative Medien und mache mir selbst ein Bild.”
Die Betroffenen dürfen ihre Wohnung nur noch für Lebensmittel-Einkäufe, Arbeit oder Ausbildung, Arztbesuche sowie zur körperlichen Erholung verlassen. Bereits zuvor waren Ungeimpfte in Österreich von Besuchen der Gastronomie, von Sportanlagen und Friseurbesuchen ausgeschlossen. Neu ist nun, dass sie beim Einkaufen auf die Grundversorgung beschränkt werden.
“Die Corona-Situation in Österreich ist ernst”, sagte Bundeskanzler Alexander Schallenberg am Sonntag nach einer Videokonferenz mit Spitzenvertretern der Bundesländer und sprach von einer “beschämend niedrigen Impfquote”. Die Regierung ergreife “diesen Schritt nicht leichten Herzens, aber leider ist er notwendig”.
Der Lockdown soll der “Verhinderung eines Zusammenbruchs der medizinischen Versorgung” dienen. Die Corona-Infektionszahlen in Österreich waren zuletzt dramatisch gestiegen. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt in Österreich deutlich über 800. In Deutschland lag sie am Montag bei 303.
Der Hauptausschuss des österreichischen Parlaments hatte dem Lockdown am Sonntagabend zugestimmt, zuvor hatten sich Bund und Länder auf den Schritt geeinigt. Kontrolliert werde der Lockdown durch ein “engmaschiges Netz”, kündigte Innenminister Karl Nehammer an.
In der Wiener Innenstadt begrüßten mehrere Standbetreiber auf dem Weihnachtsmarkt die verschärften Regeln. Einen Rückgang der Besucherzahlen in der Weihnachtszeit befürchteten sie nicht. “Die Leute kommen, zeigen ihren Impfpass und ihren Ausweis, und es gibt kein Problem. Die Händler sind zufrieden, und die Kunden sind es auch”, sagte der Standinhaber Daniel Stocker einem AFP-Reporter.
Als erste Region in der EU begann die österreichische Hauptstadt Wien am Montag unterdessen auch mit der Impfung von Kindern zwischen fünf und elf Jahren. Nach Angaben der Behörden wurden mehr als 10.000 Impftermine für Kinder dieser Altersgruppe gebucht. Pro Tag können derzeit rund 200 Kinder geimpft werden.
Fast ganz Österreich, Tschechien und Ungarn gelten seit Sonntag als Hochrisikogebiete. Wer nicht geimpft oder genesen ist, muss bei der Rückkehr aus diesen Ländern nach Deutschland in Quarantäne. Die häusliche Isolation kann erst nach fünf Tagen durch einen Test beendet werden.
Quelle: AFP