Das in Argentinien regierende Mitte-links-Bündnis hat bei den Zwischenwahlen am Sonntag (Ortszeit) auch im Senat seine Mehrheit verloren. Nach Auszählung von mehr als 90 Prozent der Stimmen dürfte die Regierungskoalition von Präsident Alberto Fernández im Oberhaus künftig nur noch über 35 von 72 Sitze verfügen. Im Abgeordnetenhaus – dem Unterhaus – hatte das Regierungsbündnis zuvor schon keine Mehrheit mehr.
Bislang hatte die Regierungskoalition im Senat über 41 Sitze verfügt. “Sollten sich die Zahlen bestätigen, haben wir unsere beschlussfähige Mehrheit im Senat verloren”, hieß es aus Regierungskreisen.
Es wäre das erste Mal seit der Rückkehr Argentiniens zur Demokratie 1983, dass der Peronismus – eine von Ex-Präsident Juan Perón begründete linke Bewegung, die inzwischen ein breites Spektrum politischer Richtungen umfasst – über keine Mehrheit im Senat verfügen würde.
Bei der Wahl standen rund die Hälfte der Sitze im Unterhaus und ein Drittel der Senatssitze zur Abstimmung. Die Wahlbeteiligung lag bei über 71 Prozent.
Bei Wahlen im September hatte die Regierungskoalition bereits gegen die Opposition von Ex-Präsident Mauricio Macri verloren. Im Unterhaus verfügte sie zuletzt nicht mehr über eine Mehrheit.
Bei Verlust der Senatsmehrheit, “wird die Opposition höchstwahrscheinlich ihre Blockademacht in der Legislative nutzen”, sagte der Analyst Gabriel Puricelli von der Universität Buenos Aires. Fernández dürfte nun gezwungen sein, in den beiden letzten Jahren seiner Amtszeit Zugeständnisse an die Opposition machen zu müssen, um Gesetze zu verabschieden oder Schlüsselpositionen, etwa an Gerichten, zu besetzen.
Er rief die Opposition zum Dialog auf. Dies sei “im allgemeinen Interesse des Landes”, sagte er. “Wir müssen nationalen Vereinbarungen den Vorrang geben, wenn wir die Herausforderungen, vor denen wir stehen, lösen wollen.” Und: “Eine verantwortungsvolle und für den Dialog offene Opposition ist patriotische Opposition.”
Oppositionsführer Mauricio Macri, der zugleich Amtsvorgänger von Fernández ist, sagte, die kommenden zwei Jahre dürften schwierig werden. Seine Koalition werde aber “verantwortungsvoll” handeln.
Das südamerikanische Land mit seinen 45 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern leidet seit 2018 an einer Rezession. Verschärft hat sich die wirtschaftliche Lage durch die Corona-Pandemie. Derzeit herrscht eine heftige Inflation, seit Jahresbeginn stiegen die Preise um 40 Prozent.
Quelle: AFP