Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter befürworten schärfere Corona-Regeln am Arbeitsplatz – ihre Vorstellungen gehen aber deutlich auseinander. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger etwa pocht auf eine Auskunftspflicht der Beschäftigten zum Impfstatus und auf Tests außerhalb der Arbeitszeit. DGB-Chef Reiner Hoffmann sprach sich dafür aus, dass Arbeitgeber “wo immer möglich” Homeoffice anbieten – niemand dürfe aber dazu gezwungen werden.
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) schlägt in einem Gesetzentwurf die 3G-Pflicht am Arbeitsplatz und die Wiedereinführung der Homeoffice-Pflicht im Kampf gegen die steigenden Corona-Infektionszahlen vor. Dulger forderte am Montag in der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” daraufhin “präzise” Regelungen von der Politik, “damit nicht im Betriebsalltag ein großes konfliktträchtiges Durcheinander entsteht”. Auch der Maschinenbauverband forderte “glasklare Vorgaben”.
Nach den Plänen Heils sollen Beschäftigte ihrem Arbeitgeber einen Impfnachweis oder Genesenennachweis vorlegen müssen. Sind sie weder geimpft oder genesen, müssen sie täglich vor Betreten ihres Arbeitsplatzes einen aktuellen Coronatest vorlegen. Akzeptiert wird ein höchstens 24 Stunden alter Antigen-Test oder ein höchstens 48 Stunden alter PCR-Test. Arbeitgebern droht ein Bußgeld, wenn sie den Status nicht kontrollieren.
Arbeitgeberpräsident Dulger verdeutlichte in der “FAZ” die Folgen für die Beschäftigten aus seiner Sicht: “Wer aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht zur Arbeit erscheint, kann für die ausgefallene Arbeit keinen Lohn beanspruchen.” Andernfalls drohe eine Schieflage – “wenn Menschen, die sich Tests und Impfung verweigern, mit bezahlter Freistellung belohnt würden.”
Der Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) betonte, ein Anspruch auf Auskunft und Speicherung über den Impfstatus sei “eine notwendige Voraussetzung, um im Betriebsablauf für zielgenauen, effektiven Infektionsschutz sorgen zu können. Auch der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) nannte eine Auskunftspflicht “überfällig”. VDMA-Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann forderte zudem Sanktionsmöglichkeiten für die Unternehmen, um die Regeln durchzusetzen.
Dulger wies in der “FAZ” auf zu klärende Fragen hin: “Wie werden die Tests gemacht, wann werden sie durchgeführt, welche Testformen sind erlaubt? Was soll geschehen, wenn ein Mitarbeiter keinen Impfnachweis liefert und auch den Corona-Test verweigert?”
Die IG Metall lehnt eine Auskunftspflicht der Beschäftigten entschieden ab: “Ob Beschäftigte ihren Arbeitgebern Auskunft über ihren Impf- oder auch Genesungsstatus geben, liegt allein in der individuellen Entscheidung jedes und jeder einzelnen Arbeitnehmer*in”, erklärte der Bezirksleiter der IG Metall in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, Thorsten Gröger. Schon vor der Pandemie habe es ein großes Interesse der Arbeitgeber gegeben, möglichst konkrete Gesundheitsdaten der Beschäftigten zu erlangen. “Die IG Metall erteilt allen Versuchen in diese Richtung auch weiterhin eine prinzipielle Absage.”
Eine Rückkehr zur Ende Juni ausgelaufenen Homeoffice-Pflicht dagegen hält die IG Metall – anders als DGB-Chef Hoffmann – für “sinnvoll”. Dort, wo Arbeit aus den eigenen vier Wänden verrichtet werden könne, sollte es in Anbetracht der Infektionszahlen auch geschehen, erklärte Gröger.
Politiker der Union dagegen kritisierten eine Wiedereinfühung der Homeoffice-Pflicht: Das “wäre das falsche Signal für eine sich langsam wieder normalisierende Wirtschaft”, sagte der Vorsitzende des Parlamentskreises Mittelstand der Unionsfraktion im Bundestag, Christian von Stetten, der “Augsburger Allgemeinen”.
Der Geschäftsführer des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft, Markus Jerger, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, die Mehrzahl der Mittelständler habe längst individuelle betriebliche Lösungen gefunden. “Für ganze Branchen, etwa im Einzelhandel oder in Handwerksbetrieben war und ist Homeoffice ohnehin nicht praktikabel.”
Quelle: AFP