Die junge Anti-Korruptionspartei “Wir setzen den Wandel fort” liegt bei der Parlamentswahl in Bulgarien laut ersten Prognosen Kopf an Kopf mit der konservativen Gerb-Partei des langjährigen Regierungschefs Boiko Borissow. Die erst im September von zwei ehemaligen Geschäftsleuten gegründete Anti-Korruptionspartei kam demnach bei der Wahl am Sonntag überraschend auf gut 23 Prozent der Stimmen und lag damit nur knapp hinter der Gerb-Partei mit knapp 25 Prozent.
Die beiden ehemaligen Geschäftsleute Kiril Petkow und Assen Wassilew, die beide in diesem Jahr kurzzeitig in einer Übergangsregierung als Minister gedient hatten, hatten ihre Bewegung im September gegründet. “Bulgarien beschreitet einen neuen Weg”, erklärte Petkow am Sonntagabend nach der Schließung der Wahllokale.
Zuvor am Wahltag hatte der 41-Jährige gesagt, das als am schwersten von Korruption betroffen geltende Land in der EU brauche jetzt “eine normale, funktionierende Regierung”. Seine Bewegung sei bereit mit allen Parteien zusammenzuarbeiten, die der Korruption den Kampf ansagten.
Es war bereits die dritte Parlamentswahl in Bulgarien in diesem Jahr. Die beiden vorangegangenen Urnengänge im April und Juli führten jeweils zu einem zersplitterten Parlament, so dass es keiner Partei gelang, eine stabile Regierungskoalition zu bilden.
Für die meisten anderen Parteien gilt Borissow nach den massiven Anti-Korruptionsprotesten im vergangenen Jahr und zahlreichen Enthüllungen über Missbrauch öffentlicher Gelder als “inakzeptabler” Partner. Damit hätten die Anführer von “Wir setzen den Wandel fort” gute Chancen, mit anderen Oppositionsparteien eine Koalition zu bilden.
Bulgarien leidet derzeit unter einer massiven Corona-Welle. knapp über 23 Prozent der 6,9 Millionen Bulgaren sind vollständig geimpft, dies ist die niedrigste Impfrate in der EU. Die Übergangsregierung war mit dem Versuch gescheitert, strengere Corona-Maßnahmen zu verhängen, um den drastischen Anstieg von Infektions- und Todeszahlen zu stoppen. Bulgarien weist eine der höchsten Corona-Todesraten weltweit auf.
Gleichzeitig mit dem Parlament wurde auch der Präsident gewählt. Amtsinhaber Rumen Radew kam dabei laut Prognosen auf 49 Prozent der Stimmen und geht damit als Favorit in die Stichwahl in einer Woche. Radew betonte am Sonntag, die Wahl zeige den Willen der Wähler, “mit der Korruption und Willkürherrschaft zu brechen”. Er rief die Parteien auf, eine “reformorientierte Regierung gegen die Korruption” zu bilden.
Quelle: AFP