Empörung über abgeschwächte Formulierungen in COP26-Entscheidungsentwurf

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Am offiziell letzten Tag der UN-Klimakonferenz in Glasgow haben Verhandlungstexte mit abgeschwächten Formulierungen, etwa zur Abkehr von Kohle und anderen fossilen Energieträgern, für Empörung nicht nur bei Aktivisten gesorgt. Der US-Sonderbeauftragte für Klima, John Kerry, nannte Subventionen für fossile Brennstoffe den “Inbegriff des Irrsinns”. Kritik gab es auch daran, dass in der Rahmenentscheidung der COP26 der Aufruf an die Staaten eingeschränkt wurde, ihre Klimaschutzziele öfter als bislang vorgesehen zu überprüfen.

Der Aufruf zum Ausstieg aus der Kohle in der vom britischen Konferenzvorsitz am Freitag vorgelegten Rahmenentscheidung wurde mit dem Zusatz “ohne CO2-Abscheidung” abgeschwächt. Kohlekraftwerke, die Technologien zum Abfangen von klimaschädlichem Kohlendioxid nutzen, sind damit anders als in dem ersten Entwurf vom Mittwoch nicht mehr vom Ausstieg betroffen.

Bei dem Appell an die Staaten, ihre Förderung für alle fossilen Energieträger einzustellen, wurde nun eingeschränkt, dass damit “ineffiziente” Subventionen gemeint sind. Damit fällt die Förderung etwa von Erdgas-Infrastruktur für eine Übergangsphase beim Umstieg von der Kohle auf erneuerbare Energien nicht unter diesen Aufruf. Kerry forderte in Glasgow die Abschaffung der Subventionen.

Germanwatch-Geschäftsführer Christoph Bals kritisierte, da es keine allgemeingültigen Regeln gebe, könnte damit jedes Land “effiziente Subventionen” selbst definieren. Der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK), Ottmar Edenhofer, sagte der “Rheinischen Post” (Samstagsausgabe): “Klar ist: Es gibt keine effizienten Subventionen solcher Energieträger, alle sind ineffizient.”

Einen kleinen Lichtblick sahen Beobachter aber auch bei den abgeschwächten Formulierungen: Im 2015 geschlossenen Pariser Klimaabkommen waren die fossilen Energien nicht als Haupttreiber der Erderwärmung benannt worden. 

Weiter enthalten in dem Entscheidungstext ist auch der Aufruf an die Staaten, ihre nationalen Klimaschutzziele (NDCs) öfter als bislang geplant zu überprüfen. Bereits bis kommendes Jahr sollen sie demnach ihre NDCs auf den Prüfstand stellen – drei Jahre früher. Dabei wurde in der überarbeiteten Textfassung allerdings eingefügt, dass dabei jeweils “die besonderen nationalen Umstände” zu berücksichtigen seien.

Mit der häufigeren NDC-Überprüfung soll das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, in Reichweite gehalten werden. Derzeit steuert die Erde selbst bei Erfüllung aller nationaler Klimaschutzzusagen nach UN-Angaben auf eine gefährliche Erwärmung um 2,7 Grad zu.

Im Pariser Abkommen ist eine Begrenzung auf deutlich unter zwei Grad und möglichst auf 1,5 Grad vorgesehen. In der zur Verhandlung stehenden COP26-Rahmenentscheidung werden die 1,5 Grad als Zielmarke gestärkt.

Die Umweltschutzorganisation WWF erklärte, der überarbeitete Entwurf bewege sich “in Schlüssel-Bereichen rückwärts”. Dass die Formulierungen zu fossiler Energie nicht entfallen sei, sei zwar “ein wichtiges Signal”, die Einschränkungen müssten aber wieder gestrichen werden. Außerdem sei der Beschlusstext “nicht auf Linie mit den 1,5 Grad”.

Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser warnte, ohne Nachschärfungen bei fossilen Energien und robuste Regeln für Kohlenstoffmärkte werde Glasgow “eine gefährliche Luftnummer”.

Luisa Neubauer von der Klimaschutz-Initiative Fridays for Future kritisierte, nichts von den bisherigen Vereinbarungen in Glasgow entspreche “dem Zeitdruck, dem ökologischen und auch humanitären Druck, unter dem wir stehen”.

Eine Verbesserung in dem Textentwurf sah Oxfam-Experte Jan Kowalzig beim Aufruf an die Industrieländer, ihre Hilfen für ärmere Länder für die Anpassung an den Klimawandel zu verdoppeln. Da dies nun bis 2025 gefordert werde, sei dieser Appell “nicht mehr leere Hülle”. Der britische Premierminister und COP26-Gastgeber Boris Johnson forderte die reichen Länder in der BBC auf, “mehr Geld auf den Tisch zu legen”.

Dass die Zeit drängt, demonstrierte der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Frans Timmermans, den Delegierten eindringlich, indem er während seiner Rede sein Mobiltelefon mit einem Bild seines einjährigen Enkels hochhielt. “Wenn wir scheitern – und ich meine jetzt, in den nächsten Jahren – wird er mit anderen Menschen um Wasser und Nahrung kämpfen. Das ist die harte Realität, mit der wir konfrontiert sind.”

Quelle: AFP

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