Deutschland hat bei seinen Klimaschutz-Bemühungen im internationalen Vergleich erneut zugelegt. Laut dem am Dienstag bei der UN-Klimakonferenz in Glasgow veröffentlichten Klimaschutz-Index von Germanwatch und dem NewClimate Institute rückte es um sechs Plätze auf Rang 13 vor. Am besten schnitten die nordischen Länder Dänemark, Schweden und Norwegen ab. Die ersten drei Plätze blieben wegen insgesamt unzureichender Maßnahmen allerdings unbesetzt.
Der Klimaschutz-Index nimmt die 60 emissionsstärksten Länder der Erde unter die Lupe. Schlusslichter im diesjährigen Ranking sind der Iran, Saudi-Arabien und Kasachstan.
Deutschland verbesserte sich demnach vor allem wegen sinkender Treibhausgasemissionen und seiner verschärften Klimaziele für 2030 und 2045. Problematisch sei hingegen “der zuletzt massiv stockende Ausbau der Erneuerbaren Energien”, heißt es in der Untersuchung. Auch die nationale Klimapolitik wird als “schwach” bewertet, weil die Bundesregierung nicht ausreichend dargelegt habe, wie sie ihre verschärften Klimaziele erreichen wolle.
Konkret fordern die Studienautoren in Deutschland ein Vorziehen des Kohleausstiegs bis 2030 und das Ende von Subventionen für alle fossilen Brennstoffe. Auch gesetzliche Hindernisse für erneuerbare Energien, insbesondere für Windkraftanlagen, müssten beseitigt werden. Jan Burck von Germanwatch sieht darin die “Feuerprobe” für die nächste Bundesregierung.
Auch die Linken-Chefin Janine Wissler warnte vor Selbstzufriedenheit: “Deutschland darf sich nicht auf dem Erreichten ausruhen”, sagte sie der Nachrichtenagentur AFP. “Der Maßstab bleibt das 1,5-Grad-Ziel, das noch kein Staat erfüllt.”
Der globale Klimaschutz-Index erscheint seit 2005 jährlich. Laut Germanwatch und dem NewClimate Institute handelt nach wie vor keines der untersuchten Länder im Einklang mit den Pariser Klimazielen, also einer Begrenzung der Erderwärmung auf möglichst 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter. Daher wurden die ersten drei Plätze nicht vergeben. Die Skandinavier sowie Marokko und Großbritannien, Gastgeber der Weltklimakonferenz, seien aber auf einem guten Weg, konstatierten die Autoren.
“Unser Index zeigt auch, dass das Wettrennen zu Null Treibhausgasemissionen begonnen hat”, erklärte Niklas Höhne vom NewClimate Institute. “Ob Deutschland da zur Spitzengruppe vorstoßen kann, muss sich noch zeigen.”
Weit entfernt von der Spitze und zugleich wegen ihres hohen Treibhausgasausstoßes höchst bedeutend sind hingegen die G20-Länder USA, Russland, Australien, Südkorea, Kanada und Saudi-Arabien. Besonders Australien scheint daran auch nicht viel ändern zu wollen: Die Klimapolitik der australischen Regierung bewerten die Autoren mit 0,0 – also dem schlechtesten möglichen Wert. Auch Brasilien und Algerien schneiden sehr schlecht ab.
Die USA – in der Vergangenheit wiederholt Schlusslicht des Klima-Index – verbessern sich in diesem Jahr wegen der Klimapolitik von Präsident Joe Biden in der Gesamtwertung um einige Plätze; sie liegen allerdings immer noch nur auf dem 55. Platz. Von den 27 EU-Staaten finden sich Slowenien, Tschechien, Polen und Ungarn in der untersten Kategorie der Gesamtwertung wieder.
Der größte Treibhausgas-Emittent weltweit, China, rutschte vier Plätze abwärts auf Rang 37 und liegt damit im unteren Mittelfeld des Rankings. Die größten Problemfelder der Volksrepublik sind demnach hohe Emissionen und sehr schlechte Energieeffizienz. Bei den Erneuerbaren Energien hingegen schneidet China besser ab als Deutschland. Indien, drittgrößter Emittent, steht im Ranking drei Plätze vor Deutschland. Relativ zur Einwohnerzahl sind die Treibhausgasemissionen des Landes sehr gering.
In Glasgow beraten derzeit mehr als 190 Länder über die konkrete Umsetzung des Pariser Klimaabkommens. Die Verhandlungen der COP26 sollen am Freitag abgeschlossen werden.
Einer der Knackpunkte der Verhandlungen ist die konkrete Umsetzung von Artikel 6 des Pariser Klimaabkommens, der einen Austausch- und Anrechnungsmodus für Treibhausgasminderungen im Rahmen von internationalen Klimaschutzprojekten vorsieht. Umwelt-Staatssekretär Jochen Flasbarth zeigte sich am Dienstag zuversichtlich, dass nach der Vertagung dieses Streitpunktes in den vergangenen Jahren in Glasgow der Durchbruch gelingt: “Wir werden eine Vereinbarung zu Artikel 6 bekommen”, sagte er.
Quelle: AFP