Die langjährige Finanzministerin Magdalena Andersson könnte bald Schwedens erste Regierungschefin werden: Die regierenden Sozialdemokraten wählten die 54-Jährige am Donnerstag zur neuen Parteichefin. Andersson war die einzige Kandidatin für die Nachfolge des bisherigen Parteivorsitzenden und Ministerpräsidenten Stefan Löfven und wurde bei einem Parteitag von den Delegierten per Akklamation gewählt.
“Ich habe das Amt der Parteivorsitzenden angenommen, weil ich weiß, dass Schweden es besser machen kann. Und ich weiß, dass wir Sozialdemokraten Schweden dabei führen müssen”, sagte Andersson nach ihrer Wahl. Für die kommenden Jahre kündigte die neue Parteichefin drei politische Ziele an: Sie will “die demokratische Kontrolle über Schulen, Gesundheitsfürsorge und Altenpflege zurückgewinnen”. Privatisierungen in diesen Bereichen sind in Schweden seit langem umstritten.
Schweden solle außerdem eine führende Rolle bei der Klimawende einnehmen. Und schließlich kündigte Andersson ein striktes Vorgehen gegen die Gewalt an, “die unsere gesamte Gemeinschaft bedroht”. In Schweden hat die Zahl der Bombenanschläge und Schießereien mit Bezug zur Organisierten Kriminalität in den vergangenen Jahren zugenommen.
Das Parlament muss ihre Ernennung zur Regierungschefin noch bestätigen. Dabei sind die Sozialdemokraten auf die Unterstützung ihres grünen Koalitionspartners sowie der Linkspartei und der Zentrumspartei angewiesen. Für Schweden wäre Anderssons Ernennung eine Premiere: Denn obwohl das Land als Vorreiter in Sachen Gleichberechtigung gilt, gab es bislang nie eine weibliche Regierungschefin.
Anderssons Vorgänger Löfven hatte im August nach einem politisch turbulenten Sommer überraschend angekündigt, seine Ämter als Partei- und Regierungschef im November niederzulegen. Der ehemalige Schweißer und Gewerkschaftsfunktionär war knapp zehn Jahre Parteichef und stand seit 2014 an der Spitze der schwedischen Regierung.
Er gibt sein Amt weniger als ein Jahr vor der Parlamentswahl im September 2022 auf. Damit können die Sozialdemokraten, die in den Umfragen abgerutscht sind, unter neuer Führung in den Wahlkampf gehen. Konkurrenz machen der Partei insbesondere die konservativen Moderaten von Ulf Kristersson, der sich zuletzt den rechtsextremen Schwedendemokraten angenähert hatten.
Andersson leitete unter Löfven von Beginn an das Finanzressort und war in ihrer Jugend Leistungsschwimmerin, bevor sie in Stockholm Wirtschaftswissenschaften studierte. Auf EU-Ebene vertrat sie vergangenes Jahr die Linie der “Sparsamen”, die neuen großen Ausgaben der EU-Mitgliedstaaten ablehnend gegenüberstehen.
Die Tochter eines Universitätsprofessors und einer Lehrerin aus der Universitätsstadt Uppsala ist der breiten Öffentlichkeit bislang relativ unbekannt. In politischen Kreisen hat sie sich jedoch den Ruf erworben, durchsetzungsstark zu sein und kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Der öffentlich-rechtliche Sender SVT betitelte kürzlich eine Sendung über sie mit “Der Bulldozer”.
Quelle: AFP