Auf dem Papiermarkt gibt es angesichts von Lieferengpässen infolge der Corona-Krise massive Preissteigerungen. Vor allem Rohstoffe wie Altpapier oder Zellstoff, die zur Papierherstellung notwendig sind, verteuerten sich “überdurchschnittlich”, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Druckereien, Verlage, Zeitungs- und Zeitschriftenverleger sowie die Papierindustrie geraten angesichts der hohen Rohstoffpreise unter Druck.
Die Großhandelspreise für gemischtes Altpapier hätten sich im September 2021 mit einem Plus von gut 222 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat mehr als verdreifacht, erklärte das Statistische Bundesamt weiter. Papier- und Pappereststoffe waren im Großhandel zuletzt um 147 Prozent teurer.
Aus dem Ausland importiertes Altpapier kostete ebenfalls deutlich mehr: Die Einfuhrpreise lagen um 75 Prozent über denen im September 2020. Holz- und Zellstoff, der nach Angaben des Bundesamtes “von Toilettenpapier bis Schreibpapier” ebenfalls ein wichtiger Rohstoff zur Papierherstellung ist, kostete bei Einfuhr knapp 46 Prozent mehr als im Vorjahresmonat.
Ein Grund für den Mangel an hochwertigerem Altpapier, welches für bestimmte Druckerzeugnisse wie Zeitungen benötigt wird, ist nach Angaben des Bundesamtes die seit Jahren sinkende Produktion von sogenanntem grafischen Papier zum Bedrucken, Beschreiben und Kopieren. Binnen zehn Jahren gab es einen Rückgang um fast ein Drittel von 6,62 Millionen Tonnen im Jahr 2010 auf 4,49 Millionen Tonnen im Jahr 2020.
Zugleich hätten die Printverlage den Umfang von Zeitungen reduziert, führte das Bundesamt weiter aus. Dadurch habe auch die Produktion von Zeitungsdruckpapier abgenommen. Mit 1,47 Millionen Tonnen wurden 2020 in Deutschland 42,6 Prozent weniger Zeitungsdruckpapier hergestellt als noch 2010. Dieses Papier fehlt nun für die Wiederverwertung.
Druckereien gerieten aufgrund der steigenden Papierpreise zunehmend unter Druck, sagte eine Sprecherin des Bundesverbands Druck und Medien (BVDM) der Nachrichtenagentur AFP. Diese seien an Verträge mit Papierlieferanten und ihren Kunden gebunden und kalkulierten ihre Preise häufig sehr knapp. Es gebe entsprechend wenig Spielraum, um höhere Rohstoffpreise abzufangen. Die erhöhten Papierpreise müssten sich demnach auch auf die Preise von Druckereiprodukten auswirken.
Für Buchverlage sei der Preisanstieg bei Papier ebenfalls ein großes Problem, erklärte der Sprecher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Thomas Koch. “Kurzfristige Nachdrucke sind schwieriger geworden, da die Vorlaufzeiten um das vier- bis sechsfache gestiegen sind”, erklärte er weiter. Zwar seien derzeit noch keine Auswirkungen für den Buchhandel und Verbraucher spürbar. Sollte die Papierknappheit jedoch bestehen bleiben, “könnte sich das in letzter Konsequenz auf die Lieferbarkeit und die Buchpreise auswirken”.
Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) bezeichnete die Unterversorgung auf dem Papiermarkt als “höchst problematisch”. Grund für die Papierknappheit seien auch Kapazitätsstilllegungen bei den Herstellern im vergangenen Jahr und im ersten Quartal 2021. “Wir rechnen damit, dass eine erhebliche Kostensteigerung bei den Rohstoffen, die zu erwarten ist, sich längerfristig auch im Preis des Produkts niederschlagen wird”, erklärte eine Sprecherin auf Anfrage.
Auch in der Papierindustrie steigt der Kostendruck entsprechend. Zusätzlich zu den stark gestiegenen Preisen auf dem Papiermarkt machten auch die derzeit hohen Energiepreise den Papierherstellern zu schaffen, sagte der Sprecher des Industrieverbands der Papierindustrie, Andreas Geiger, AFP. “Diese Preise werden die Hersteller wohl am Markt weitergeben”, sagte er.
Der Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), Stephan Scherzer, warnte vor zu hohen Preissteigerungen bei Papier. Sollte die Papierindustrie “die Preisschraube überdrehen” werde “irreparabler Schaden in der deutschen Presselandschaft angerichtet”.
Quelle: AFP