Erstmals in ihrer Geschichte will die Bundes-CDU die Mitglieder über ihren Vorsitzenden entscheiden lassen. Im Dezember sollen die rund 400.000 Parteimitglieder ihr Votum für die Nachfolge von Parteichef Armin Laschet abgeben, der Sieger soll dann auf einem Bundesparteitag in Hannover am 21. und 22. Januar offiziell ins Amt gewählt werden: Der Bundesvorstand billigte dieses Verfahren am Dienstag einstimmig.
“Jetzt schlägt die Stunde der Mitglieder”, sagte Generalsekretär Paul Ziemiak nach den Gremiensitzungen in Berlin. Laschet sagte, er halte die Mitgliederbefragung für einen “guten Weg, zu einem Neustart der CDU zu kommen”.
Dem Vorstandsbeschluss zufolge soll die Kür in drei Stufen erfolgen. Bereits am Samstag soll die “Nominierungsphase” beginnen, in der sich Kandidaten für Laschets Nachfolge erklären können. Sie benötigen dafür Unterstützung einer nach Satzung antragsberechtigten Parteigliederung. Dies sind etwa Landes- oder Bezirksverbände. Diese Phase soll bis zum 17. November dauern.
Vom 18. November bis zum 2. Dezember soll sich dann eine zweiwöchige “Vorstellungsphase” anschließen, in der sich die Kandidaten der Basis präsentieren. Die CDU-Bundeszentrale will dafür digitale Veranstaltungen anbieten, Regionalkonferenzen sind nicht vorgesehen.
Am 4. Dezember beginnt dann die Abstimmungsphase, in der sich die Parteimitglieder entweder per Briefwahl oder online für ihren Favoriten aussprechen können. Das Ergebnis soll am 17. Dezember verkündet werden. Sollte kein Kandidat die absolute Mehrheit bekommen, soll von Ende Dezember an eine Stichwahl unter den beiden Erstplatzierten stattfinden, deren Ergebnis dann am 14. Januar verkündet wird.
Eine verbindliche Wahl des Chefs durch die Basis sieht die Parteisatzung nicht vor; deswegen muss der Sieger der Mitgliederbefragung formell durch die 1001 Delegierten des Bundesparteitags ins Amt gewählt werden. In Hannover sollen dann auch Präsidium und Vorstand neu gewählt werden.
Der vom Vorstand beschlossene Fahrplan beruht auf der Annahme, dass sich mehrere Kandidaten um den Parteivorsitz bewerben. Laschet will sich in den kommenden Tagen aber noch darum bemühen, eine Kampfabstimmung zu verhindern: Bis zum Beginn der Nominierungsphase am Samstag wolle er weitere “Gespräche führen, um eine konsensuelle Lösung zu erreichen”.
Allerdings wagte Laschet keine Prognose darüber, ob sich die Anwärter auf seine Nachfolge untereinander auf einen Kandidaten verständigen. Sollte es einen solchen Konsenskandidaten geben, müssten die Parteigremien darüber befinden, ob dann noch eine Mitgliederbefragung sinnvoll sei, sagte er.
Der scheidende Parteichef rief seine Nachfolgeanwärter auf, nun nicht mit Bewerbungen vorzupreschen. “Jeder kann sich zu jeder Stunde für jedes Amt bewerben”, sagte Laschet. “Er ist nur gut beraten, sich an die Regeln zu halten – und die Regel lautet: Samstag.”
Ziemiak forderte, der Bundesparteitag müsse in der CDU auch inhaltlich “Aufbruch und Erneuerung”einleiten. Die Partei müsse die Arbeit an einem neuen Grundsatzprogramm wiederaufnehmen, sagte der Generalsekretär. Zudem wünsche er sich, dass die Delegierten die bereits vor mehr als einem Jahr von der Satzungskommission ausgesprochene Empfehlung für eine verbindliche Frauenquote umsetzen. Eine solche Quote gilt in der CDU aber nach wie vor als sehr umstritten.
Nach dem historisch schlechten Abschneiden bei der Bundestagswahl hatten sich am Samstag die mehr als 300 Kreisvorsitzenden der CDU mit überwältigender Mehrheit für eine Befragung der Mitglieder ausgesprochen.
Als mögliche Kandidaten für den Vorsitz werden in der Partei bisher unter anderem der Wirtschaftsexperte Friedrich Merz, der Außenpolitiker Norbert Röttgen und Gesundheitsminister Jens Spahn genannt.
Laschet betonte, dass die Mitgliederbefragung eine “einmalige”Angelegenheit sei; es sei nicht geplant, die Satzung zu ändern, um die Urwahl der CDU-Chefs dauerhaft zu etablieren.
Quelle: AFP